Die Kölner Oper, an der ich in den letzten Jahren so manche herausragende und leider auch so manche durchschnittliche (um nicht gleich zu sagen: dürftige) Aufführung gesehen habe, geht schlechten Zeiten entgegen. Nicht nur dass das Haus am Offenbachplatz für (angeblich) drei Jahre wegen Renovierungsarbeiten geschlossen wird und eine ehemalige Industriehalle in der Vorstadt und der Musical Dome als Ausweichspielstätten herhalten müssen. Jetzt verzögert die Stadt Köln auch noch die Bereitstellung der „finanziellen Mittel“ für die nächste Spielzeit. Das bedeute, so die Intendanz, dass die Kölner Oper in der neuen Saison wahrscheinlich schließen müsse. So schlimm wird es wohl nicht kommen, wenngleich man, seitdem die Staatspartei sich laut ihren Wahlplakaten primär für Currywurst interessiert, für die sogenannte ‚Hochkultur‘ in Nordrhein Westfalen Schlimmes befürchten muss. Trotz dieser Misere (oder soll man schon von einer ‚Chronik des angekündigten Todes‘ sprechen?) gelingen der Kölner Oper noch immer hochkarätige Aufführungen – wie jetzt mit der Poppea, die in der Industriehalle – vornehm Palladium genannt – in Szene gesetzt wurde.… → weiterlesen
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„La maledizione“: eine bieder-romantische Rigoletto Inszenierung an der Oper Köln
Vielleicht bin auch ich wie der Narr Rigoletto das Opfer eines Fluchs. Wagner und die Wagnerianer haben wir Verdi ausgetrieben. Vielleicht ist die Rigoletto Musik aber auch so sehr zum Ohrwurm verkommen, dass ich sie nicht mehr ertragen kann. Überdies fürchte ich immer, dass einer oder eine aus dem Publikum gleich aufsteht und einfach mitsingt. Eigentlich wäre das doch sogar ein hübscher Regiegag. Statt vom Balkon ihres Kinderzimmers seufzte die kleine Gilda von einem der gondelförmigen Balkons im Kölner Opernhaus ihr „Caro nome“ herab. Und der Duca di Mantova – das könnte doch der Intendant sein, der die kleine Sängerin unbedingt in seinen Harem aufnehmen will. Eine Idee, die dem Papa der Kleinen gar nicht passt. Der Papa, der könnte doch der Generalmusikdirektor sein, der sowieso nach der Pfeife des Intendanten tanzen muss. Nein, so geht das nicht. Das Theater ist schließlich „eine moralische Anstalt“. Dort hält das Publikum gefälligst den Mund. Dort soll es sich am Rigoletto ergötzen und mit diesem leiden, auch wenn, wie das vor ein paar Jahren in München geschah, eine Filmdame, die mal die Opernregisseurin mimen wollte, die Handlung auf den Planeten der Affen verlegt oder wenn, wie das vor ein paar Jahren in Köln geschah, eine damals schon recht bekannte Theatermacherin die Handlung in die Redaktionsräume eines Zeitungsimperiums verlegt. Doch keine Sorge liebes Publikum. Dieses Mal sind wir in Köln ganz brav und bieder, sind wir ganz romantisch, schauerromantisch und auch sentimental – ganz wie es das Libretto und mit ihm das Victor Hugo Drama als Vorlage für das Libretto verlangen.… → weiterlesen
Der Terminator kehrt zurück – in ein Pop Art Amerika. Il Ritorno d’Ulisse in Patria an der Oper Köln
Nicht im Opernhaus am Offenbachplatz, sondern in der Vorstadt, in einer ehemaligen Industriehalle, Palladium genannt, hat die Kölner Oper ein Ausweichquartier gefunden. Monteverdi in einer aufgegebenen Produktionsstätte? Wie mag wohl die Akustik funktionieren? Ist eine szenische Einrichtung überhaupt möglich? Wird wie bei der Aufführung von La Clemenza di Tito im Treppenhaus des Oberlandesgerichts der Zuschauer zum bloßen Zuhörer, eben weil Akteure und Aktion nur von wenigen Plätzen aus sichtbar sind? Alle diese Vorbehalte, mit denen man zum Palladium hinausfuhr, erwiesen sich schnell als gegenstandslos.… → weiterlesen
Frust – unbewusst. Keine Lust – in den ersten beiden Akten. An der Oper in Köln scheitern die Meistersinger von Nürnberg dann doch nur beinahe
In den beiden Wochen vor Ostern organisiere ich mir mein ganz persönliches Wagner Festival: in München, in Berlin, in Köln und in Karlsruhe. Nach der so brillanten Walküre in München, nach der nicht minder brillanten konzertanten Aufführung des Tristan in der Berliner Philharmonie, muss man auch mal Abstriche machen können. Schade, dass es gerade in Köln sein muss, wo vor ein paar Jahren Markus Stenz und Robert Carsen einen mehr als beeindruckenden Ring produzierten und wo in dieser Saison mit Krieg und Frieden oder auch mit der Ariadne auf Naxos höchst gelungene Inszenierungen auf dem Programm stehen. Mit diesen hochkarätigen Aufführungen können die Kölner Meistersinger nicht mithalten. Gäbe es da nicht den recht originellen dritten Aufzug, ja dann wäre wohl angesichts der etwas hilflosen ersten beiden Aufzüge Trübsinn angesagt.… → weiterlesen
Ein Sängerinnenfest im Jugendstil Palais mit Zugang zum Meer: Ariadne auf Naxos an der Oper Köln
Für Strauss braucht’s herausragende Frauenstimmen – eine Banalität, die ich schon viele Male gelesen habe und die zweifelsohne den Sachverhalt trifft. In der Kölner Oper waren diese brillanten Frauenstimmen, die Ariadne verlangt, zu hören: Regina Richter als Komponist, Daniela Fally in der Rolle der Zerbinetta und wohl allen voran Barbara Haveman als Ariadne. Hat man solche in Gesang und Spiel und Bühnenerscheinung gleichermaßen beindruckende Sängerinnen auf der Bühne, ja dann kann schon gar nichts mehr schief gehen und wenn dann noch ein (nicht nur ) als Wagner und Strauss Dirigent hoch geschätzter Maestro wie Markus Stenz am Pult steht, dann sind alle Voraussetzungen für einen großen Strauss Abend gegeben. Und der war in der Tat in der Kölner Oper zu hören und zu sehen.… → weiterlesen
Einschüchternde Gnadenakte im Oberlandesgericht. La Clemenza di Tito an der Oper Köln
Einschüchternde Gnadenakte im Oberlandesgericht. La Clemenza di Tito an der Oper Köln
Die Kölner Oper ist auf der Suche nach Ausweichspielstätten für das große Haus am Offenbachplatz, das wohl am Ende der Saison für die längst fällige Sanierung (wer weiß, wie lange?) geschlossen wird. Ob der „neubarocke“ preußische Justizpalast am Reichenspergerplatz wirklich eine geeignete Alternative für ein Opernhaus ist, da habe ich meine Zweifel. Der weite Rundbau der Eingangshalle mit ihrem kreuzförmig angelegten Treppenaufgang, den groß dimensionierten Bögen, der Kuppel, den drei übereinliegenden Gängen, die, wenn man so will, gleichsam durch Logen aufgebrochen sind und den Blick auf die Halle frei geben, all dies mag zwar eine machtvolle Kulisse für eine opera seria abgeben. Huldigung des Herrschers, Demonstration, Selbstdarstellung der Macht und Autorität des Staates sind ja Basiskomponenten der opera seria. Und dieser Kölner Justizpalast wirkt in seiner ganzen Anlage in der Tat wie das einschüchternde Symbol der staatlichen Gewalt und Macht. Auch an Spielflächen mangelt es nicht, um die Illusion eines totalen Theaters hervorzuzaubern. Nur ist es ein Theater, in dem für Zuschauer im Wortverstande wenig Platz ist. Der Zuschauer wird zum Zuhörer reduziert. Und da in diesem Justizpalast der Nachhallfaktor erheblich ist, versteht er noch dazu von den Rezitativen kein Wort. Zum Ausgleich dafür klingen die großen Arien und Duette wie Kirchenmusik in einer Basilika. Doch all das hat mich nicht weiter gestört, denn gesungen wurde in allen Rollen höchst brillant. Ein schöner, etwas ungewöhnlicher Opernabend in diesen kalten Hallen. Wir sahen die Aufführung am 10. November 2011.