In der Scala war in diesem Dezember ein ungewöhnlicher, wenn nicht gar ein seltsamer Lohengrin zu sehen und zu hören, der manche Erwartungen mehr als erfüllt, andere mehr als enttäuscht. Der berühmte Maestro von der Berliner Staatsoper (bekanntlich nebenbei noch „direttore musicale“ an der Scala) präsentiert einen sanften zurückhaltenden Wagner, kostet das Pianissimo bis zum Exzess aus, verabreicht dem Publikum, wenn überhaupt, allenfalls eine schwach dosierte Wagner Droge, die erst im Finale – bei der Gralserzählung – ihre Wirkung tut. Wie Jonas Kaufmann die Gralserzählung im Piano und Pianissimo singt, nein geradezu haucht, wie dazu der Maestro das Orchester so weit zurücknimmt, dass es kaum noch zu hören ist, das ist schon höchst beeindruckend und in der Tat der Höhepunkt, vielleicht auch wohl der einsame Höhepunkt der Aufführung. Der Rest ist – freundlich gesagt – gehobener Durchschnitt.
Die berühmte Sopranistin, die wir zuletzt als Elsa im Münchner Lohengrin gehört haben und deren Kunst wir stets bewundert haben, wirkt in der Scala so merkwürdig blass und verhalten, eine kränkelnde Ophelia im weißen langen Kleid, vielleicht auch eine Violetta, verloren und einsam, die – so will es die Regie – sich ihren Traummann aus ihren Träumereien am Klavier erschafft, gestriezt von der Hauslehrerin Ortrud, die schon das kleine Mädchen Elsa malträtierte.… → weiterlesen