Und Theatermacher Loge inszeniert in seinem Etablissement Das Rheingold. Die Deutsche Oper am Rhein beginnt ihren neuen Ring

Nach so manchen szenisch und musikalisch recht mittelmäßigen  Aufführungen – wir wollen höflicherweise nicht von Flops sprechen – , die wir in dieser Saison ertragen mussten, bringt die Oper in Düsseldorf mit ihrem Auftakt zum neuen Ring endlich wieder einmal erstklassiges Musiktheater zustande.
Beim Düsseldorfer Rheingold gibt es nichts … → weiterlesen

Der Ring an einem Abend mit dem Rheingold-Sound. David Hermann inszeniert Das Rheingold am Badischen Staatstheater Karlsruhe

In Karlsruhe hat man zu Ende der Spielzeit mit einem neuen Ring begonnen und in der Nachfolge des einst so erfolgreichen Stuttgarter Modells für jedes der vier Stücke einen anderen Regisseur engagiert. David Hermann, der für Das Rheingold zuständig ist, hat diese Entscheidung  vielleicht nicht so ganz behagt. Er hätte wohl lieber den gesamten Ring in Szene gesetzt. Ein Dilemma, aus dem er einen originellen Ausweg gefunden hat.

Ist Das Rheingold, wenngleich es gern als „Konversationsstück“ apostrophiert wird, nicht schon ein Ring in nuce? Vornehm ausgedrückt: ist Das Rheingold nicht eine ‚mise en abyme‘, eine konzentrierte Duplikation des Bühnenfestspiels? Erklingen nicht dort schon Leitmotive, die den Ring bestimmen? Gibt es neben den musikalischen nicht auch textuelle Verweise auf die Handlung der folgenden Stücke? Die Antworten auf diese Fragen liegen für die Wagnerianer auf der Hand. Die Urzeit verweist schon auf die Endzeit. Betrug, Raub und Mord, grenzenlose Machtgier, drohender Untergang, all diese Basisthemen, die das Geschehen im Ring bestimmen, sind schon im Rheingold angelegt. So ist es durchaus konsequent und keineswegs ein Gag, wenngleich es dem Zuschauer auf den ersten Blick so erscheinen mag, dass die Regie die Schlüsselszenen des Rings als pantomimische Parallelhandlung zu dem Geschehen im Rheingold in Szene setzt. Begnügen wir uns damit, aus der Fülle der Verweisungen nur einige signifikante Beispiele zu nennen.… → weiterlesen

Scheich Wotan im Beduinenzelt. Das Rheingold am Landestheater Linz. Ein mehr als enttäuschender Vorabend

In Linz, einst „die Stadt des Führers“, heute eine etwas heruntergekommene Industriestadt, hat die Republik Österreich kürzlich einen groß dimensionierten Musiktheatertempel errichtet: Foyers so weitläufig wie halbe Fußballfelder, gleich zwei Restaurants der gehobenen Kategorie, beide vor Vorstellungsbeginn bis auf den letzten Platz besetzt. Und auch noch nach der Vorstellung sind Rauchersalon nebst Restaurant auf der Dachterrasse stark frequentiert. Künstler und Publikum frönen lustvoll der Gula, laben sich an der ,Grande bouffe‘.

Der etwas versteckt liegende Theatersaal  ist ganz in Rot ausgeschlagen, ein blutig roter Vorhang, rote Sessel (ja, wir wissen schon: rot ist die Farbe der Liebe. Rot ist das Blut. Und um Liebe und Totschlag geht es ja meist in der Oper). In jeden Sessel ist eine Videoanlage eingebaut, die dem interessierten oder sich vielleicht langweilenden Zuschauer erlaubt, das Libretto zu lesen, das Theaterprogramm der Saison zu erkunden und sich einen Tisch im Restaurant zu reservieren. Keine Frage, im neuen Landestheater in Linz ist für Lektüre und Verdauung gesorgt, wobei frei nach Gerard Mortier die Oper ja nicht wegen der Verdauung besucht werden sollte.… → weiterlesen

Das Rheingold oder von der Macht der Bilder. Das Anhaltische Theater Dessau schließt seinen Ring in umgekehrter Reihenfolge

Vor nunmehr drei Jahren begann man in einer armen und ärmlichen Stadt, die einmal eine Residenz und dann eine Industriestadt war und heute vom Ruhm der Bauhauskünstler zehrt, ein ehrgeiziges Ringprojekt. Wir hatten Gelegenheit, alle vier Teile des Dessauer Rings zu erleben. Die anfängliche Skepsis („Wagner in der tiefen östlichen Provinz. Geht denn das?“) erwies sich sehr schnell  als ein völlig unberechtigtes Vorurteil. In Dessau ist – wie sich jetzt beim Rheingold wieder zeigte – eine in Szene und Musik höchst gelungener Ring zu sehen und zu hören.  Maestro Antony Hermus setzt nicht auf den ‚rauschhaften‘, sondern eher auf einen zurückhaltenden Wagner, dem alles Gedröhne fern liegt, der mit Sanftheit sein Publikum gefangen nimmt. Ähnlich wie das Orchester brilliert auch das Ensemble. Alle Rollen sind durchweg hervorragend besetzt, und auf der Bühne ereignet sich von der Götterdämmerung bis hin  zum Rheingold  immer wieder ein grandioses  Spektakel: eine Hommage an die Bauhauskünstler mit ihren Farben und Figuren und im Besonderen eine Hommage an die Bühnenexperimente eines Oskar Schlemmer und an dessen Triadisches Ballett.

In Dessau begnügt man sich nicht damit, die Stadtgötter zu zitieren und zu variieren. Hinzu kommen Verweise auf die Ästhetik eines Bob Wilson, auf das Marionettentheater, auf die Cyberwelt, auf die Welt des Films und ganz allgemein auf die Welt und die Macht der Medien (Der Interessierte findet Näheres hierzu in unseren Bemerkungen zur Götterdämmerung, zum Siegfried und zur Walküre). Im Rheingold konzentriert sich die Regie auf die Macht der Bilder. Das Rheingold, das Alberich stiehlt und das die Götter ihm rauben, ist weder Gold noch Geld. Das Kapital sind die Highlights der Kunstgeschichte und der Filmindustrie. Der Schatz, mit dem sich der Riese Fafner davon macht, sind Filmrollen. In Alberichs Reich schürfen seine Slaven nicht nach Gold. Sie entwerfen Bilder. Konsequenterweise ist Alberich dann eine Art Zuchtmeister, der eine Schulklasse zum Entwerfen und zum Malen zwingt.  Wer über die Bilder, über die Propagandamaschine, über die Medien verfügt, beherrscht die Welt. Warum nicht.  Eine scheinbar banale, doch nichts desto trotz  eine  schlüssige Deutung des „Vorabend des Bühnenfestspiels“.

Wir sahen die Aufführung am 21. Februar 2015. Die Premiere war am 30. Januar 2015.

Wagner-Sound. Einmal ganz anders. Das Rheingold am Staatstheater Nürnberg

So viele Male hat man Das Rheingold schon gehört. Man meint, es zu kennen, man glaubt, der Sound sei einem vertraut. In Nürnberg spielt die „Staatsphilharmonie“ unter Maestro Bosch einen eher fremden Wagner: zurückgenommene, doch nicht schleppende Tempi. Nichts von einem rauschhaften Klangteppich, nichts von „sattem Klang“. Dafür differenzierte Orchesterstimmen, eine stete „Balance zwischen Streichern und Bläsern“. Kein Auftrumpfen des Orchesters, kein Zudecken der Sänger. Dafür sanftes Piano, das den Sängern allen Raum zur Entfaltung lässt.

Ich bin  weder Musiker noch Musikkritiker, und die Feuilleton-Lyrik liegt mir gänzlich fern. Ich bin nur eine simple Opernbesucherin, die in den letzten Jahren viel Wagner gehört hat – und die eigentlich den rauschaften Wagner mag. Maestro Bosch hat mich in Nürnberg auf den sanften, den transparenten Wagner eingestimmt und sein Publikum  – im Programmheft –  auf einen Wagner-Sound vorbereitet, der Mendelsohn nahe kommt: „ Ich glaube, dass für Wagner der Einfluss Felix Mendelsohn Bartholdys, der wie kein andere für Transparenz und Leichtigkeit steht, viel prägender war, als Wagner es je zugegeben hat“ (S. 38). So steht denn in Nürnberg das Orchester im Zentrum des Interesses – noch vor den Sängern, einem durchweg brillanten Ensemble von Sängerdarstellern.… → weiterlesen

In den Carceri Piranesis? In verfallenen römischen Palästen? In faschistischer Zeit? Das Rheingold an der Oper Leipzig

Rechtzeitig zu seinem 200. Geburtstag ehrt die Oper Leipzig Richard Wagner  mit einer ungewöhnlich  gelungenen Rheingold Produktion. Unter der Leitung von Maestro Ulf Schirmer  zelebriert das Gewandhaus den „Vorabend zum Bühnenfestspiel […]“ auf höchstem Niveau, singt und agiert ein  homogenes Ensemble  herausragender Sängerdarsteller. Auch an der  Inszenierung gibt es nichts zu bekritteln. Mit ihrer so ansprechenden  intertextuellen Konzeption weiß sie vom Niveau her mit Orchesterklang und Gesang  durchaus mitzuhalten. Rosamund Gilmore, die Regisseurin und Choreographin, die den Leipziger Ring verantwortet, verzichtet von vornherein darauf,  ideologische Botschaften – gleich welcher Art auch immer – der Handlung aufzupfropfen, hält Zeit und Ort des Geschehens bewusst im Vagen, … → weiterlesen