Che inferno zuccherato! Il Trittico an der Bayerischen Staatsoper

Das Feuilleton jubelt und schwelgt in schiefen Lyrismen. Wenn Kirill Petrenko in München am Pult steht, dann ist in den Gazetten nur noch Jubel angesagt und im Saale kritiklose Begeisterung. Und das gilt auch für den Puccini Abend. Alles klingt so wunderschön,  so wundersüß. Ein Puccini Piano, ein  Pianissimo, wie man es in dieser Vollendung vielleicht noch nie gehört hat.

Und doch bleibt im Mittelstück, in der Suor Angelica, ein Unbehagen, dem man sich nur schwer entziehen kann. Sind da vor allem im Finale bei der Sehnsucht nach dem Kind, bei dem Irrglauben, dieses Kind als Engel im Himmel wieder zu finden, bei diesem Selbstmord, der in Verzweiflung endet, sind da die Grenzen zum süßen Kitsch alla Madame Butterfly  nicht gefährlich nahe? Oder will das Orchester mit seinem sanften Schwelgen im Piano, das geradezu im Pianissimo verhallt, den bei Puccini schon immanenten Kitsch besonders exzessiv herausstellen? Soll an die Rührseligkeit der Zuhörer appelliert werden? Will man, dass des Mitleids ‚Tränen fließen‘? „Zu viel! Zu viel!“… → weiterlesen

Im Totenschiff über den Acheron. Puccini, Il Trittico. Eine Wiederaufnahme der Claus Guth Inszenierung an der Oper Frankfurt

Was hält die drei scheinbar so unterschiedlichen Stücke: Il tabarro, Suor Angelica, Gianni Schicchi eigentlich zusammen? –  Das Leitmotiv des Todes, so die Antwort der Regie. Der Mord am Liebhaber in der scheinbar so simplen Dreiecksgeschichte, der Selbstmord der Protagonistin in der scheinbar so simplen Satire auf das Leben im Nonnenkloster, der Selbstmord des Gianni Schicchi  in der scheinbar so simplen Erbschleicher Komödie. Oder ist der Tod   des scheinbar so erfolgreichen Testamentsfälschers ein Unglücksfall?  Oder ist Schicchi schon dem  Irrsinn verfallen, der Strafe, die Dante für Fälscher vorgesehen hat? Die Regie lässt die Frage offen.

Wenn das Thema des Todes das die drei Stücke verbindende Leitmotiv ist, dann ist es nur konsequent, wenn die Regie das alte Motiv von der Seereise  als Metapher für die Lebensreise aufnimmt und dieses mit dem Motiv der letzten Reise, die den Seelen bestimmt ist, verbindet: der Reise auf der Barke des Charon über den Acheron in die Unterwelt. In die Unterwelt fahren sie alle hinab: der Liebhaber, dem das Geschick des Paolo aus der Divina Commedia bestimmt ist, die Ehebrecherin Giorgetta, der das Schicksal der Francesca da Rimini droht, die um ihr Leben und um die ersehnte Seligkeit betrogene Novizin Suor Angelica, Gianni Schicchi, der sein Endgeschick schon von Dante her kennt.… → weiterlesen

„Mamma diceva la bambina…“ Puccini- Emotionen und Puccini-Kitsch grandios inszeniert. Il Trittico am Theater an der Wien

Was hält die drei scheinbar so disparaten Einakter, Il Tabarro, Suor Angelica, Gianni Schicchi, zusammen? Ich rede nicht von der Musik – das ist Sache der Musiker und der Musikhistoriker. Ich rede vom Libretto und von der Szene. Wollte  ich von der Musik reden, dann müsste ich ja sagen, dass ich Puccini nur schwer ertragen kann, dass die hochgepeitschten Emotionen, die diese Musik bewirkt und bewirken soll, dass dieses von allem zu viel, dieser Kitsch, dass dies alles mich nicht rührt, sondern eher zum Lachen reizt. Und ich müsste auch sagen, dass ich bei der zuckersüßen Arie der Lauretta  im Gianni Schicchi nicht die einzige im Publikum war, die ein Lachen nur mühsam unterdrücken konnte. Weil Puccini in dieser Szene sich  vielleicht selbst parodiert und weil die Regie noch eins drauf setzt, wenn sie Laurettina zur Arie mit den Ultraschallaufnahmen  ihres noch ungeborenen Kindes spielen lässt? Doch reden wir nicht von der Musik. Reden wir von der Szene,  die einen Puccini-Abend auch für Nicht-Puccini-Fans zum Ereignis werden  ließ.… → weiterlesen