Stephen Hawking der Doktor Faust des 21. Jahrhundert. La Damnation de Faust an der Opéra Bastille

Fast fünfhundert Inszenierungen habe ich in den letzten Jahren gesehen und   mir meine Impressionen  von der internationalen Opernszene notiert. Kritiken in den Feuilletons der großen Zeitungen und in den Magazinen habe ich, mal erstaunt, mal verärgert, mal zustimmend, zur Kenntnis genommen.  Eine Inszenierung, wenn sie gut gemacht ist, ist  eben  ein ‚offenes Kunstwerk‘, das zu unterschiedlichen Interpretationen einlädt.

Heute notiere ich zum ersten Mal nicht meine Impressionen, sondern wende mich  in Form eines fiktiven offenen Briefes an die Musikredaktion einer großen Tageszeitung gegen die dort erschienene Besprechung der Pariser Inszenierung von La Damnation de Faust. Diese Besprechung war nicht die Kritik einer Aufführung, sondern … Der Leser mag selber urteilen.… → weiterlesen

Nächtliche Vergnügungen mit tödlichem Ausgang auf der Chefetage. Don Giovanni an der Opéra Bastille

Der Mythos lebt nur in seinen Varianten‘ – und seien sie auch noch so banal, seien sie auch noch so billig  aktualisierend. Eine Hypothese, die sich beim Pariser Don Giovanni ein weiteres Mal bestätigt. In der Opéra Bastille nimmt man in dieser Saison die Don Giovanni Inszenierung eines bekannten österreichischen Filmemachers wieder auf, die dieser im Jahre 2006 im Palais Garnier herausgebracht hatte. Eine Variante des Don Juan Mythos, die diesen auf seine oberflächlichsten Komponenten reduziert. Dieser Pariser Don Giovanni hat nichts von einem Rebellen oder gar von einem Atheisten – die metaphysischen Komponenten werden ersatzlos gestrichen. Der Don Giovanni in Paris ist nichts weiter als ein haltloser angeberischer Typ, der sich dank seiner wirtschaftlichen und sexuellen Potenz jede Lust erlauben kann. Monsieur Giovanni ist wohl Vorstand eines großen Unternehmens, und Leporello ist sein Co-Direktor oder Assistent Manager. Zwei gelangweilte junge Männer im Business Dress,… → weiterlesen

Im ‚Atelier des Malers’. Tannhäuser an der Opéra Bastille. Eine Wiederaufnahme der Robert Carsen Inszenierung vom Jahre 2007

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© Juan Luis SotilloIm ‚Atelier des Malers’. Tannhäuser an der Opéra Bastille. Eine Wiederaufnahme der Robert Carsen Inszenierung vom Jahre 2007

Sagen wir es gleich ohne alle Umschweife. Dieser Pariser Tannhäuser ist alle Male eine Reise wert: eine brillante Inszenierung, brillante Sänger und auch ein Orchester, das anders als beim Ring, den wir im vorigen Jahr in der Bastille Oper gehört haben,  dieses Mal wohl den spezifischen Wagner Klang zu treffen weiß. Vielleicht sind die „concupiscenses de la chair“, von denen einstens Baudelaire schwärmte, ein wenig zu verhalten geraten. Wenn dem so war, dann entspricht diese Deutung ganz den Intentionen der Inszenierung, die von Sinnlichkeit und Sündenlust nur wenig wissen wollte und den Tannhäuser als Künstlerdrama verstand. … → weiterlesen