Giacomo Meyerbeer, Le Prophète. Eine aktualisierte Reality-Show am Badischen Staatstheater Karlsruhe

Revolte in der Banlieue, ein Fanatiker als Muttersöhnchen und Tyrann nebst Belcanto in der Tiefgarage. Spannend und (manchmal) unterhaltsam ist das Spektakel, das Theatermacher Tobias Kratzer in Karlsruhe in Szene setzt, alle Male.

Die Regie transponiert die Geschichte vom Aufstieg, Terror und Untergang der Wiedertäufer und deren Propheten  aus der Reformationszeit in die Pariser Vorstädte von heute, hängt dem scheinbar so charismatischen Anführer der Sektierer und Revoluzzer einen Ödipuskomplex an – und lässt doch Belcanto zu. Und dies nicht nur beim scheinbar so idyllischen Beginn, sondern vor allem im vorletzten Bild, wenn Fidès, die Mutter des Propheten (in der Person der Ewa Wolak), auf der Ladefläche eines Kleinlasters in der Tiefgarage hocken muss und trotz dieser für die Sängerin mehr als unbequemen Lage einfach grandios singt. Le sublime et le grotesque, das Schöne und Hässliche, verschränken, überlagern sich – ganz wie es sich für eine Grand opéra aus romantischer Zeit gehört.

Ob der sublime Belcanto all die Hässlichkeit, als dieses Hyperreale, in dem die Inszenierung schwelgt, als Kontrastprogramm  braucht? … → weiterlesen