4. 4. 09 Von der Tragödie zur Komödie ist es nur ein Schritt – zur Klamotte nur ein halber. Von Glanz und Elend eines Regiestars. Offener Brief an Stefan Herheim anläßlich der Premiere seines Lohengrin in der Staatsoper unter den Linden

Sehr geehrter Theatermacher, lieber Stefan Herheim,

zunächst herzlichen Glückwunsch zu Ihrem großen Erfolg am vergangenen Samstag in der Staatsoper. Allgemeine Begeisterung bei einem (mit Verlaub gesagt) unkritischen Premierenpublikum, das sich wie immer erst einmal selber feiert. Ich habe, obwohl vielleicht der eine oder andere Altwagnerianer ein bisschen irritiert war, keine einzige Missfallsbekundung gehört. Dass in der „hauptstädtischen“ Presse an Ihrem Konzept herumgemäkelt wurde, das wird Sie nicht weiter stören. Gestatten Sie einer Dilettantin, die beruflich überhaupt nichts mit dem Musiktheater zu tun hat, die einfach nur gern in die Oper geht, die schon Ihre Neuerfindung der Entführung  in Salzburg goutiert hat und die in den letzten drei bis vier Jahren wohl mehr als zweihundert Inszenierungen in den unterschiedlichsten Häusern gesehen hat, ein paar kritische Anmerkungen zu Ihrem Lohengrin.

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21. 02. 09 Rokoko Gespensterkomödie nebst viel Klamauk. Der Rosenkavalier in der Staatsoper unter den Linden

In München scheut sich die Intendanz nicht, ihrem Publikum noch immer eine jetzt nahezu vierzig Jahre alte Produktion anzubieten. In Berlin ist man im Vergleich dazu geradezu jugendlich frisch. Der Berliner Rosenkavalier bringt es nur auf gerade vierzehn Jahre, und die Aufführung, die wir sahen, war laut Besetzungszettel erst die „47.Vorstellung“. In den  beiden so renommierten Häusern verfährt man offensichtlich mit dem Rosenkavalier nach dem gleichen Rezept: man nehme für die Hauptrollen bekannte, herausragende Sänger, fülle den Rest mit Mitgliedern des Ensemble auf, stecke sie alle in Rokokokostüme, lasse alle spielen, wie sie wollen. Als routinierte Sängerschauspieler finden sie sich so oder so zurecht, eben ganz wie Zerbinetta und ihre Truppe. Für das Orchester ist der Rosenkavalier sowieso nur Routine. Den Strauss haben sie alle unter den unterschiedlichsten Dirigenten bis zum Überdruss gespielt. Und im Saale sitzt sowieso ein mehrheitlich touristisches Publikum, das vielleicht doch lieber den Barbier von Sevilla oder Die lustige Witwe gesehen hätte, schon weil die Stücke kürzer sind. Wie respektlos und wie lieblos in Berlin und kaum anders in München mit  der  „Komödie für Musik“ umgegangen wird, das ist geradezu ein Ärgernis.

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