Festtage 2016. Erhaben die Musik – Heterogen die Inszenierung. Gluck, Orfeo ed Euridice an der Staatsoper im Schiller Theater

An vier Abenden hintereinander  steht Maestro Barenboim  bei den diesjährigen Berliner Festtagen am Pult. Orfeo, Mahlers Sinfonie Nr. 9, Parsifal, Lieder eines fahrenden Gesellen, Elgars Sinfonie Nr.1. Ob mit der Staatskapelle Berlin, ob wie bei Mahlers Neunter mit den Wiener Philharmonikern,  alle vier Abende sind Abende der absoluten Hochkultur. Schöner,  besser, ergreifender, wenn  man so will, rauschhafter geht es wohl nicht.  Doch überlassen wir die Lyrismen den Feuilletonisten, denen, glaubt man ihnen, beim Orfeo „das totale Gluck- Glück“ geschenkt worden  ist, und sagen wir einfach:  wie Barenboim seinen Orfeo (in der Wiener Fassung von 1762) zelebriert, das ist schon sehr beeindruckend.

Sprechen wir lieber von der Inszenierung, die Jürgen Flimm verantwortet. Dass diesem Glucks und  Calzabigis  Variante des Mythos mit dem lieto fine nicht zusagt, dass er – und Barenboim folgt ihm dabei (wohl mit einem Zitat aus der Pariser Fassung) – einen zirkulären Schluss vorzieht und damit die tragische, die traurige Variante des Mythos vorschlägt, das ist eine Deutung , die man im Zusammenhang mit Gluck und Calzabigi nicht unbedingt teilen muss. So schickt denn  die Regie im Finale  Euridice in den Tod zurück, lässt den armen Orfeo zwar nicht von den Mänaden zerreißen, wie es die tragische Fassung des Mythos will,  sondern  zerstört nur seine Violine. Grabeserde findet Orfeo in seinem Geigenkasten. Musik und Gesang sind zusammen mit Euridice gestorben.… → weiterlesen

Wiener Festwochen – Wiener Peinlichkeiten. Orfeo ed Euridice.

Aus Respekt vor der Würde einer Todkranken, nicht einer fiktiven,
sondern einer wirklichen Koma-Patientin, die in dieser Inszenierung von einem
italienischen Theatermacher  als Kulisse
missbraucht und in ihrem Elend einem voyeuristischen Publikum ausgeliefert
wurde, sage ich zu dieser Aufführung kein Wort.

Wir sahen die Premiere am 11. Mai 2014 im Museumsquartier.

Und ‚der Todestrieb‘ zieht uns hinab. Orfeo ed Euridice in Salzburg

Zum Auftakt der diesjährigen Mozart Woche präsentiert die Stiftung Mozarteum in einer grandiosen Produktion Glucks Orpheus in der Wiener Fassung von 1762. Dass Bejun Mehta in der Titelrolle  der absolute Star der Aufführung ist, dass er so  makellos schön, so ‚seelenvoll‘ und anrührend zu singen weiß und dass er darüber hinaus auch noch ein exzellenter Darsteller ist, das überrascht keinen seiner Fans. Wir haben diesen ‚Ausnahmesänger‘ vor ein paar Jahren im Theater an der Wien als Orfeo erlebt und waren schon damals begeistert und hingerissen. Jetzt in Salzburg schien er mir noch besser, noch brillanter. Nicht zuletzt wohl auch, weil Maestro Minkowski mit seinen Musiciens du Louvre Grenoble und dem Mozarteumorchester einen schwungvollen und zugleich subtilen Gluck erklingen ließ, eine Gluck Musik, der jegliche edle Langweile und affektierte Erhabenheit, die mich so oft bei Gluck Aufführungen gestört haben, gänzlich fern liegt.

Doch es sind nicht allein Orchesterklang und Gesang, die den Salzburger Orfeo zu einer Ausnahmeproduktion machen. Regiekonzeption, Bühne und Ausstattung faszinieren nicht minder. … → weiterlesen