An vier Abenden hintereinander steht Maestro Barenboim bei den diesjährigen Berliner Festtagen am Pult. Orfeo, Mahlers Sinfonie Nr. 9, Parsifal, Lieder eines fahrenden Gesellen, Elgars Sinfonie Nr.1. Ob mit der Staatskapelle Berlin, ob wie bei Mahlers Neunter mit den Wiener Philharmonikern, alle vier Abende sind Abende der absoluten Hochkultur. Schöner, besser, ergreifender, wenn man so will, rauschhafter geht es wohl nicht. Doch überlassen wir die Lyrismen den Feuilletonisten, denen, glaubt man ihnen, beim Orfeo „das totale Gluck- Glück“ geschenkt worden ist, und sagen wir einfach: wie Barenboim seinen Orfeo (in der Wiener Fassung von 1762) zelebriert, das ist schon sehr beeindruckend.
Sprechen wir lieber von der Inszenierung, die Jürgen Flimm verantwortet. Dass diesem Glucks und Calzabigis Variante des Mythos mit dem lieto fine nicht zusagt, dass er – und Barenboim folgt ihm dabei (wohl mit einem Zitat aus der Pariser Fassung) – einen zirkulären Schluss vorzieht und damit die tragische, die traurige Variante des Mythos vorschlägt, das ist eine Deutung , die man im Zusammenhang mit Gluck und Calzabigi nicht unbedingt teilen muss. So schickt denn die Regie im Finale Euridice in den Tod zurück, lässt den armen Orfeo zwar nicht von den Mänaden zerreißen, wie es die tragische Fassung des Mythos will, sondern zerstört nur seine Violine. Grabeserde findet Orfeo in seinem Geigenkasten. Musik und Gesang sind zusammen mit Euridice gestorben.… → weiterlesen