10. 03. 09 Liebelei unter Zwang in der Arkadien Sekte. Joseph Haydn: La fedeltà premiata in Zürich

“Dramma pastorale giocoso in drei Akten” so lautet der Titel von Haydns im Jahre 1781 im Schloss Eszterháza uraufgeführten Oper. Von einem dramma pastorale, von einem heiteren Spiel, das sich unter Hirten in einem utopischen Arkadien ereignet, will man in Zürich nichts wissen. Hier ist aus Arkadien  und seinen Hirten eine Sektenkommune geworden, die von einem tyrannischen und zugleich lüsternen Guru beherrscht wird, der im Namen eines angeblich göttlichen Gesetzes jegliche dauerhafte Liebesbindung unter Todesstrafe stellt und dafür die ständige Liebelei, „die freie Liebe“ verfügt. Eine Transformation, eine Zerstörung des Mythos von Arkadien, die das diesem selbst innewohnende Element des Tyrannischen und des Destruktiven verabsolutiert und aktualisiert. Die arkadische Literatur schuf einst, so mag man sich erinnern, eine ideale, mit dem Mythos vom goldenen Zeitalter verbundene utopische Welt, eine Art irdisches Paradies mit ewigem Frühling, in dem die Hirten frei von allen Zwängen leben, sich Gesang und Poesie widmen und wo Amor ein milder Herrscher ist. Diese arkadische Gegenwelt, die im 16. Jahrhundert ein beliebtes literarisches Gesellschaftsspiel war, hatte sich zu Beginn des neuen Jahrhunderts  schon von selbst erledigt. Aus Amor war  – vielleicht spiegelbildlich zum Aufkommen des Absolutismus – ein tyrannischer Herrscher geworden, und das schöne Spiel, dass am Ende  nach allerlei Leiden und Missverständnissen der Schäfer die Schäferin bekommt, wollte nicht mehr funktionieren.

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