Die diesjährige Festspielpremiere am Badischen Staatstheater stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Nicht nur dass wegen eines spontanen Streiks, zu dem die bekannte Gewerkschaft, die sich ungewollt mit dem Namen eines italienischen Komponisten schmückt, aufgerufen hatte, nur eine halbszenische Aufführung möglich war. Auch die Auswahl der beiden Premierenstücke – Händels späte englische Fassung von Il Trionfo del Tempo e del Disinganno und Gerald Barrys The Triumph of Beauty and Deceit – war nicht unbedingt eine Geniestreich der Intendanz.
So mühten sich denn bei Händel zwei Damen und drei Herren vorsichtig und ungeschickt und bei Mister Barry fünf Herren derb und deftig – allesamt in Kostüm und Maske – um so etwas wie eine theatralische Gestaltung der beiden Stücke. Bei Händel sangen sie dazu recht brillant. Bei Barry war nur Schreigesang gefordert, den sie wohl ganz im Sinne des irischen Tonsetzers gekonnt realisierten.
Barrys Schwulengroteske oder – freundlich gesagt: dessen Versuch einer parodistischen oder vielleicht auch satirisch gemeinten Replik auf Il Trionfo del Tempo e del Disinganno – verkaufen die emsigen Karlsruher Dramaturgen als „moderne Fortsetzung“ eines „Moralspiels von Händel“. Arroganz, Dummheit, gezielte Täuschung des Publikums, Etikettenschwindel? Nehmen wir zu Gunsten des Badischen Staatstheaters das erstere an. Oder sagen wir es in aller Deutlichkeit: einen Schwuleneinakter als “ Fortsetzung“ einer ‚katholischen Oper‘ zu präsentieren, das ist weder “ fortschrittlich“ noch “ aufklärerisch“ noch „tolerant“, das ist dreist und unverschämt. Nein, das ist einfach nur einfältig und dumm.
Doch seien wir nicht so streng und so verärgert. Im Badischen Staatstheater haben wir in den vergangenen Jahren herausragende Händel -, Wagner- und Berlioz – Aufführungen erlebt. Da muss man auch schon mal wie jetzt einen Flop ertragen können. Zumal die Intendanz so generös ist, dass sie allen, die den neuen Händel Flop noch einmal sehen möchten, fünfzig Prozent Rabatt auf den Kartenpreis anbietet. Herzlichen Dank, sehr verehrter Herr Intendant, ein Viertele Badischer wäre mir lieber.
Wir sahen die Vorstellung am 16. Februar 2013.