Ich weiß nicht, ob Hindemiths Musik große Musik ist. Großmeister Adorno ist bekanntlich nicht gerade freundlich mit dem Komponisten umgegangen. Viele andere sind der gegenteiligen Meinung und schätzen Hindemith hoch. Mögen sich Musikhistoriker und Musiker über den Rang, der Hindemith im Musiktheater des 20. Jahrhunderts zukommt, streiten. In Wien ist zweifellos eine exzellente Aufführung von Mathis der Maler zu hören. Mit Wolfgang Koch in der Titelrolle und Kurt Streit als Kardinal Albrecht von Brandenburg stehen zwei grandiose Sängerschauspieler auf der Bühne, die in Gesang und Spiel in jeder Szene glaubhaft und ohne überflüssiges Pathos die Figuren des zwischen politischem und künstlerischem Engagement hin und her gerissenen Malers bzw. des zwischen Toleranz, Reformationsgeist und Orthodoxie schwankenden hohen Klerikers darzustellen wissen (um aus dem großen Ensemble nur die Protagonisten zu nennen).
Doch bei aller Brillanz in Spiel, Gesang und Orchesterklang, die im Theater an der Wien geboten wird, verlässt man nach knapp vier Stunden die Aufführung mit einem eher unguten Gefühl. … → weiterlesen