So viele Male haben wir Hoffmanns Erzählungen nun schon gesehen. In Berlin, in der Komischen Oper, da drehte sich alles um den genialischen Trunkenbold und seine phantastisch-groteske Welt. Im Alkoholdelirium eines fast vergreisten Hoffmann werden dessen jugendliche Doppelgänger und deren Geschichten wieder lebendig, und vergeblich sucht der alte Hoffmann, seine Wiedergänger, sein Alter Ego, vor der Katastrophe zu bewahren. In Bregenz waren Hoffmanns Erzählungen zum Revuetheater, in dem sich alle Identitäten und alle Gattungsformen auflösen, geworden. In München macht man es sich ganz einfach. Da engagiert man zwei Stars der internationalen Opernszene für die Hauptrollen und macht von der Inszenierung nicht viel Aufhebens – das gängige Rezept, mit den sich ein großes Haus immer füllen lässt.
Eigentlich kann ich diese spätromantische Gefühlsduselei, den süßen Kitsch, die so zahlreichen Ohrwürmer nicht mehr ertragen – und gehe trotzdem immer wieder hin. Die Offenbach Musik ist halt so schön und so eingängig. Ein glücklicher Zufall wollte es, dass wir im Abstand von nur wenigen Tagen gleich zwei Werke von Offenbach sehen durften – in Inszenierungen, wie sie unterschiedlicher nicht sein können: in der Oper Stuttgart einen musikalisch und szenisch drögen und langweiligen Orpheus und in der Semper Oper Les Contes d’Hoffmann als Fest der Stimmen, der überbordenden Phantasie und des Theaters auf dem Theater.… → weiterlesen