Das unsichtbare Orchester? Sitzt man vor der Passerelle ist die Illusion vollkommen. Vom Orchester sieht man nichts. Wieland Wagners legendäre Scheibe? Es gibt keine Kulissen, keine Dekorationen, so gut wie keine Requisiten. Nur eine freie, runde Spielfläche. Bayreuther Sänger? Kein Problem. Es singen Catherine Foster und Stephen Gould in den Hauptrollen. Orchester und Orchesterklang? Vollkommener Wagner-Sound. Differenziert und rauschhaft zugleich
Eine perfekte Aufführung, die vielleicht etwas zu zögerlich beginnt, sich schnell immer mehr steigert und im Finale in Orchesterklang und Gesang – frei nach Nietzsche – die stärksten Stiere umwirft. Brünnhilde singt ihre große Szene von der Passerelle herab – hinter und über dem Orchester und geradezu im Publikum selber und zieht sich zum Schlussgesang wieder auf die Bühnenmitte zurück. Hobbits oder, wenn man so will, Roboter hüllen sie in weit gespanntes rotes Tuch. Hagen sucht in diesem Flammentuch nach dem Ring. Die Rheintöchter, Fisch ähnliche Gestalten, nein, sie ziehen ihn nicht hinab. Sie erschlagen ihn. Und Wotans Speer bricht durch den Bühnenhimmel und so weiter und so weiter. So zurückhaltend die Regie auch in den den ersten beiden Akten war. Im Finale da zieht sie alle Register der Grand Opéra. Und warum auch nicht. Das Finale der Götterdämmerung ist ja auch in Gesang, Orchesterklang und Szene ein großes Spektakel. Und Wagner ist ja auch – wiederum frei nach Nietzsche – ein großer Komödiant, Ein großer Theatermacher.
Wir haben im Laufe der letzten Monate den gesamten Amsterdamer Ring gesehen, und wir waren begeistert. Selbst auf die Gefahr hin für naiv und unbedarft gehalten zu werden: der Amsterdamer Ring gehört für mich zu den besten Ring Aufführungen, die zur Zeit in den Musiktheatern zu hören und zu sehen sind.
Wir sahen die Aufführung am 21. November 2013, die dritte Vorstellung der laufenden Serie. Die Premiere war am 8. September 1998.