Judith und die SS-Männer oder eine Résistance Heldin wider Willen. Eine peinlich verfehlte Inszenierung von Vivaldis Oratorium Juditha Triumphans an De Nationale Opera Amsterdam

 

Vivaldis Oratorium (sacrum militare oratorium), das im  Jahre 1716/1717 in Venedig von den jungen Damen des Ospedale della Pietà uraufgeführt wurde, erzählt die bekannte Episode aus dem Buch Judith des Alten Testaments: um ihre Stadt und ihre Glaubensgenossen vor den feindlichen Assyrern zu retten, geht die schöne Judith in das Lager der Feinde, gewinnt dort die Gunst des Anführers und tötet diesen.

Eine effektvolle Personenkonstellation – femme fatale erledigt den mit Hybris geschlagenen Macho – und eine nicht minder effektvolle politische  Parabel vom Sieg der Unterdrückten über die Unterdrücker.

Personenkonstellation und Parabel bilden für einen Theatermacher von heute mit realistischem Horizont und antifaschistischer Gesinnung geradezu eine Steilvorlage. Ganz in diesem Sinne macht Regisseur Floris Visser aus der Episode aus dem Alten Testament eine Heldenmär, die sich im zweiten Weltkrieg in einem von der SS  besetzten Land ereignet, die Jagd auf Juden macht. Die Zutaten bieten sich geradezu von selber an: Deportationen, Gewalt, Vergewaltigung, Erschießung von Résistance- Kämpfern, sadistische SS-Männer und ein Obersturmbannführer, der sich von der schönen Judith, die sich als Attentäterin mehr oder weniger freiwillig anbietet, leicht verführen lässt. Die Folgen für ihn und seine Männer sind offensichtlich.… → weiterlesen

Von ’Helden‘, Gattinnen und Mätressen. Arminio und Semele bei den Händelfestspielen 2017 in Karlsruhe

Vierzig Jahre gibt es sie  nun schon, die Karlsruher Händel Festspiele. Alljährlich im Februar  feiert man dort – zu zivilen Preisen – mit Opernaufführungen, Konzerten und Symposien Händel, und wie bei jedem Festival trifft man dort auf herausragende Aufführungen und hin und wieder auf Flops. In diesem Jahr haben wir als Neuinszenierung Semele und als Wiederaufnahme vom vergangenen Jahr Arminio gesehen. Beide Aufführungen zählen ohne Einschränkung zu den gelungensten der letzten Jahre.

Zu Arminio, einer Opernrarität vom Jahre 1737, bei der jetzt in Karlsruhe Max Emanuel Cencic in Personalunion Regie führt und die Titelrolle singt, haben wir uns im vergangenen Jahr ein paar Eindrücke notiert, die wir nur ein wenig ergänzen wollen.… → weiterlesen