Siegfried ein Märchen für Erwachsene – für mit Phantasie begabte Erwachsene. Thorleifur Örn Arnarsson inszeniert Siegfried beim Karlsruher Ring

Einst zu Wagners Zeiten hatte Baudelaire die Phantasie, die Gabe der Imagination, die höchste aller Begabungen genannt („la reine des facultés). Vielleicht hat sich Theatermacher Arnarsson an Baudelaire erinnert oder auch an die neueren Rezeptionsforscher, die für das Verständnis von Texten den produktiven Leser forderten, als er an die Imagination der Zuschauer appellierte. Mit ihrer Phantasie sollen  sie die Signale und Bilder, die die Regie vorgibt, weiterführen, mit ihrer Phantasie gleichsam ein neues Stück oder eine neue Deutung eines alten Stücks kreieren. Ein kühnes Unterfangen, das wohl so manchen im Publikum überfordern musste und phantasielose Zuschauer ratlos ließ.

Mit den Rätseln geht es gleich zu Anfang los. Was ist eigentlich der Ort des Geschehens? Die gesamte Vorderbühne  nimmt ein im Stil des 19. Jahrhunderts eingerichteter  großbürgerlicher Salon ein. Oder ist der Salon nur eine große Rumpelkammer, die mit allerlei disparatem Kram gefüllt ist: vom verstaubten Klavier, einer Sammlung von Gipsstatuen, einer Sitzcouch und einem Spieltisch für Schachturniere bis hin zum Herd und einer weiteren Feuerstelle ist alles vorhanden. (Letztere braucht man ja für Mimes Gifttrank und zum Schmieden des Schwerts). Der Salon ist die Einheitsbühne für alle drei Aufzüge… → weiterlesen