Ist diese Madrider Alceste, wie sie uns Krzysztof Warlikowski und Ivor Bolton im Teatro Real präsentieren, Musiktheater oder Theater mit Soundtrack? Hat diese zweifellos brillante Inszenierung, die in ihrer Konzeption und deren Umsetzung fürwahr Maßstäbe setzt und die, lässt man sich einmal auf sie ein, überzeugt und begeistert, hat diese Produktion noch etwas mit Gluck und Calzabigi zu tun? Erschlägt die Inszenierung nicht geradezu die Musik und zersetzt noch dazu den Kern des Alkestis Mythos (Selbstaufopferung und Verklärung im lieto fine)? Alceste als Tabletten- und Alkoholsüchtige Prinzessin Diana, eine seelenlose Repräsentationspuppe für öffentliche Auftritte, eine Alceste/Diana, für die sich der Gemahl nicht im Geringsten interessiert, für die der Selbstmord mit einer Überdosis der einzige Ausweg aus der Misere ist? Ist für ein solch zeitgenössisches Mélodrame, das, wenn überhaupt, nur eine sehr ferne Variante des Alkestis Mythos ist, Glucks Musik wirklich die adäquate? Fragen über Fragen, die ich nicht zu beantworten weiß.… → weiterlesen
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Erhabene Langeweile. Feierlich Getöne. Edle Gutmenschen. Alceste als halbszenisches Oratorium im Palais Garnier
Glucks Alceste sei, so heißt es in der Süddeutschen Zeitung vom17.9. 2013, in Paris unter der Leitung von Marc Minkowski und Olivier Py „edler Biederkeit“ zum Opfer gefallen. Ein hartes Urteil, das weder der musikalischen noch der szenischen Interpretation genüge tut. Ich habe das nicht so gesehen. Wenn wie im Alkestis Mythos edle Gutmenschen sich für einander um die Wette aufopfern und dies zur feierlich-erhabenen Musik eines Gluck, dessen sogenannte Reformopern angeblich authentische Leidenschaften in Musik transformieren, dann stellt sich auf die Dauer edle Langeweile im Saale ein. Vielleicht ist Gluck auch nicht mein Fall, denn gegen das Gefühl der erhabenen Langeweile, die sich nach einiger Zeit einstellt, komme ich nur schwer an, mögen Maestro Minkowski und seine Musiciens du Louvre Grenoble auch auf höchstem Niveau musizieren und sich alle Mühe geben, das Feierlich-Erhabene der Gluck Musik herauszustellen. Und Chor und Solisten – allen voran eine höchst brillante Sophie Koch in der Titelrolle – stehen ihnen dabei nicht nach.… → weiterlesen