Inzest mit fatalem Ausgang im Doppelpack. Lydia Steier inszeniert an der Oper Frankfurt Strawinsky, Oedipus Rex und Tschaikowski, Iolanta

Was haben Strawinskys Opernoratorium und Tschaikowskis lyrische Oper gemeinsam? Auf den ersten Blick: gar nichts. Hier die griechische Tragödie vom unschuldig-schuldigen Ödipus. Dort das Märchen von der blinden Prinzessin, die von ihrer Krankheit geheilt wird und die Liebe findet. Und doch – so zeigt Theatermacherin Lydia Steier – gibt es zwischen den scheinbar sich so fern stehenden Stücken Verklammerungen. Ein vom Fatum vernichteter Ödipus wählt, als er seiner Taten einsichtig wird, freiwillig die Nacht der Blindheit. Die blinde Prinzessin wählt, um den Geliebten zu retten, das Risiko des Lichts.

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Wer ist Onegin? Eine befremdende Tschaikowski Inszenierung an der Oper Frankfurt

Maja Dumat - CC BY 2.0

„Wer ist Onegin?“ – so fragt Theatermacher Jim Lucassen im November-Dezember Magazin der Frankfurter Oper und lässt die Antwort offen. Wer ist Onegin? – so fragt sich die Besucherin in der Vorstellung und weiß keine Antwort. Wer ist dieser Onegin? Ein spätromantischer Dandy ist er nicht. Ein Melancholiker, der an Überdruss und Langeweile leidet, wie es das Libretto vorgibt, ist er auch nicht.

„Wer ist Onegin?“ Vielleicht gibt die Szene, in die Lucassen und Dorothea Kirschbaum ihren Onegin stellen, Aufschluss. Die Szene ist eine Großbäckerei mit angeschlossenem Festsaal, in dem im Stil des sozialistischen Realismus ein pompöses Wandgemälde die Großtaten der Sowjetunion verherrlicht. Sind wir bei den Sowjets oder vielleicht in der DDR? Die Großbäckerei ist dann wohl eine Kolchose, in der Larina Brigadier ist, in der die Bauern zu Bäckern geworden sind, emsig Brot kneten und schöne Lieder singen, eine Kolchose, in der Olga den Betriebskindergarten, die Kita, leitet, in der die Amme eine gerade noch geduldete Rentnerin ist und Tatjana auf einem Berg von Stühlen hockt und sich mit einem Haufen zerrissener Blätter beschäftigt.… → weiterlesen