Wenn man aus Flimms opulentem Religionsspektakel kommt, dann ist der Minimalismus, mit dem Loy Händels Oratorium auf die Bühne bringt, geradezu eine Erholung. Ein Fest der Musik und des Gesangs, bei dem keine szenischen Mätzchen und erst recht keine pastoralen Allüren, den Zuhörer ablenken oder gar verärgern. Wer minimalistisches Metatheater mag, der kommt an diesem Abend auf seine Kosten: die Szene ist die Empore vor einer riesigen Orgelattrappe, vor der ein Bachchor in großer Besetzung zusammen mit Solisten halbszenisch ein Oratorium aufführt: das Oratorium von der schönen Theodora, die ganz wie es dem Schema einer Märtyrerlegende entspricht, unbeirrbar an ihrem Glauben festhält und mit ihrem Beispiel auch ihren Geliebten für den christlichen Glauben gewinnen kann und mit ihm zusammen den Märtyrertod erleidet. Dieses Handlungsschema hätte vielleicht mittlere Theatermachen dazu verführen können, eine große barocke Constantia-Tragödie in Szene zu setzen. Nichts von alledem findet sich bei Loy. Ihm genügen wenige Gesten, wenige Andeutungen, um das Geschehen in der Imagination der Zuschauer lebendig werden zu lassen: Theodora trägt als einzige ein weißes, später ein rotes Kleid und wird als Dissidentin von allen anderen geschnitten. Sie wird nicht körperlich bedroht. Der Vertreter der Macht rückt ihr auf seinem Stuhl einfach nur näher. Das Gefängnis, in dem sie ihr Martyrium erwartet, ist kein geschlossener Raum, sondern die weite abgedunkelte offene Bühne. Seligkeit und Gottesnähe, wenn es beides denn gibt, realisieren sich im Umkehren der Blicke: vom Zuschauerraum und von den anderen fort hin zur Orgel. Ein solch minimalistisches Spiel kann nur funktionieren, wenn große Sängerschauspieler auf der Bühne stehen und ein Chor zur Verfügung steht, der sich geradezu choreographisch führen lässt. Beides war In Salzburg der Fall. Wie Christine Schäfer und Bejun Metha, um nur die beiden Protagonisten zu nennen, ihre Rollen gestalteten, war bewundernswert und wie sich der Salzburger Bachchor von Loy führen ließ , das war nicht minder beeindruckend. Ein großer Opernabend, oder wenn so will,l ein großer Oratorienabend in Salzburg. – Wir sahen die Vorstellung am 21. August 2009.