Eine Mini – Csardasfürstin mit Händel Soundtrack. Partenope bei den Händel Festspielen in Karlsruhe
Bei den Karlsruher Händel-Festspielen, die heuer zum 34. Male veranstaltet wurden, habe ich in den letzten Jahren so manch hochrangige Aufführung gesehen: einen konsequent historisierenden Radamisto, einen Giulio Cesare als karnevaleskes Metatheater, einen Ariodante als Spiel mit der Scheinwelt des Theaters. Doch in diesem Jahr ist das Händel Unternehmen wohl ein wenig müde und matt geworden und hat etwas zu viel der Patina angesetzt. Dabei hatte man mit der Partenope doch eigentlich eine sehr gute Wahl getroffen, mit der man leicht an die Erfolge der vergangenen Jahre hätte anschließen können. Doch die Möglichkeiten wurden nur teilweise genutzt. Zwar braucht man Partenope (neben der Semele wohl die zweite Händel ‚Operette’) nicht gleich wie vor einem Jahr im Theater an der Wien als Soap Opera zu spielen. Die Geschichte von der Sirene Partenope (der mythischen Gründerin der Stadt Neapel) und ihren drei rivalisierenden Liebhabern, die sich mit der Geschichte einer rachsüchtigen Frau überkreuzt, die unbedingt ihren Liebhaber wieder haben will, der sich inzwischen in den Fängen der Partenope befindet, eignet sich von Struktur und Personenkonstellation her auch für eine klassische Operette. Soap Opera und Operette – eine Banalität, die Theatermacher und Publikum seit ewigen Zeiten vertraut ist – brauchen Tempo und Witz, Pointen und stets neue überraschende Regieeinfälle. In Wien gab es davon in Hülle und Fülle. Doch bei der Karlsruher Partenope da fehlt es an alledem. Zwar wird von einem jungen Ensemble brillant gesungen – bis hin zum Wettstreit der Countertenöre -, zwar spielen die „Deutschen Händel-Solisten“ unter der Leitung von Michael Hofstetter wie immer einen Händel der Extraklasse. Doch die Inszenierung zieht sich schwerfällig und oft langweilig dahin. Die Sänger werden als Schauspieler kaum gefordert, stehen als gelangweilte Partygäste, die der reichen Gastgeberin den Hof machen, in einem großbürgerlichen Haus herum, halten sich am Drink fest und dürfen hin und wieder Billard spielen. Warum der kleine, so unbeholfene secondo uomo am Ende die Primadonna kriegt, der primo uomo sich mit der seconda donna begnügen muss, ja das wüssten wir wirklich alle gerne. Zwänge des Librettos, die uns die Regie nicht erklären und schon gar nicht ändern mag. Wie dem auch sei. Wer Händel nur hören wollte, der erlebte Hochgenuss. Wer sich eine effektvolle, geistreiche Inszenierung erhoffte, der wurde enttäuscht. Wir sahen die Premiere am 19. Februar 2011.