Der Don Juan Mythos hält alles aus: Tragödie, Komödie, Puppenspiel, Karnevalsposse, Parodie. Man kann das Geschehen ganz traditionell in einem andalusischen Stadtpalais im späten 18. Jahrhundert ansiedeln und in den Kostümen jener Zeit auftreten. Man kann die Handlung in die Bronx, in einen Containerbahnhof, in die Vorstandsetage einer Großbank, in die habsburgischen Wälder, ins Foyer eines Hilton Hotels, in ein Motel im Mittleren Westen verlegen. Letztlich kann man den Don Giovanni überall spielen lassen. Vom Rokoko bis zum Trash ist alles möglich und wahrscheinlich. Und das gleiche gilt für die Figur des Don Giovanni: spanischer Grande, moribunder Greis, drogensüchtiger Popsänger, impotenter Verbalerotiker, schwuler Macho. Alles ist möglich, alles ist wahrscheinlich, wenn man nur den „Kern“ des Mythos, die tragende Grundstruktur, nicht zerstört und wenn man die einmal gewählte Variante konsequent, stringent und überzeugend in Szene zu setzen weiß. So meinte ich bisher – im Hinblick auf den „Kern“. Doch dem ist nicht so. Auch wenn man den Kern des Mythos zerschlägt, funktioniert das Ganze immer noch – wie es jetzt beim Don Giovanni in der Komischen Oper zu erleben ist.… → weiterlesen
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Parsifal unter Kriminellen. Eine in Musik und Szene höchst gelungene Aufführung an der Staatsoper im Schiller Theater
Sagen wir es gleich ohne alle Umschweife. Am Ostermontag war in Berlin ein Wagner zu hören, der geradezu süchtig machte, ein Parsifal, den Maestro Barenboim mit der Staatskapelle bis in die subtilsten Nuancen zelebrierte. Eine Musik, wie man sie sich nicht schöner und besser vorstellen kann. Und gleiches gilt für die Sänger: Anja Kampe als Kundry, René Pape als Gurnemanz, Wolfang Koch als Amfortas, Andreas Schager in der Titelrolle, um nur die Sänger der tragenden Rollen zu nennen. Orchesterklang und Gesang vom Allerfeinsten. Allenfalls im dritten Akt, so schien es mir, war wohl im Graben und auf der Szene und vor allem im Publikum eine Spur von depressiver Müdigkeit zu bemerken.… → weiterlesen