Sadismus und Karneval in der Klinik von Dr. Oberon und Gattin Dr. Titania. Nikolaus Habjan inszeniert Oberon, romantische Feenoper in drei Aufzügen, am Theater an der Wien

So ein wirres Zeug wie das Libretto von Webers letzter Oper in Szene zu setzen, das ist wohl eine Crux für unsere Theatermacher. Ein verliebter, romantisch infizierter Ritter auf „aventure“, eine verliebte orientalische Prinzessin, eine schöne Meerjungfrau, ein verliebter Knappe, eine verliebte arabische Zofe, Ehekrieg  bei Oberon und Titania, Kalifen, Machos, Emire, Haremsdamen, Piraten, Schiffsbruch, eine gerade noch eben verhinderte Hinrichtung. Und ehe ich es vergesse: es geht um eine Treueprobe.

Natürlich kennt unser Theatermacher Marivaux  und seine Thesenkomödie La Dispute und auch La Double Inconstance  und  auch Così fan tutte. Entgangen ist ihm wohl, dass all diese Texte ein Gesellschaftsspiel sind, ein Spiel mit den gängigen Liebesdiskursen der Zeit und dass das Ergebnis eines Experiment mit der Constantia von vornherein feststeht.

Regisseur Habjan geht in seinem Wiener Oberon mit Bierernst an die Sache und versucht zugleich, das Ernsthafte mit allerlei Puppenspiel, Maskentheater und Metatheater wieder zurück zu nehmen. Eine Konzeption, die zwar immer wieder Lacher im Publikum provoziert, doch nicht so richtig aufgehen will und auch von Peinlichkeiten nicht frei ist.

Ein sadistisches Ärzteehepaar und deren drei Assistenten führen in ihrer Klinik Experimente an Paaren durch, um das Problem „ewige Treue“ ein für alle Mal zu klären. Die Versuchsanordnung verlangt, die Patienten  in eine Art Traumzustand zu versetzen und sie in diesem Zustand zu manipulieren. Im konkreten Fall bringt man einem etwas tapsigen Herrn und einer jungen Frau bei, sie seien ein fränkischer Ritter und eine Kalifentochter und ihre Begleiter seien ein junges Paar, Knappe und Zofe. Und dann geht’s los mit den konventionellen Schicksalsschlägen wie Schiffsbruch, Entführung durch Piraten, Sklaverei,  Verführungsversuche durch Dritte. Die Versuchspersonen ertragen alle Quälereien bis hin zu Elektroschocks im Finale. All dies wird durch Puppenspiele, Maskeraden, clowneske Einlagen, Theater auf dem Theater Spielchen zum Gaudi des Publikums immer wieder aufgebrochen.

Wäre es doch beim Puppenspiel,  bei einer „Puppentheater- Produktion“  geblieben, einem Genre, mit dem Regisseur Habjan an anderen Theatern großen Erfolg hatte, dann hätten wir vielleicht einen höchst amüsanten Theaterabend erlebt.

Doch die Regie wollte beides. Puppenspiel und Ärztesatire mit schwarzem Humor. Dass sich bei der Ärztesatire und vor allem beim Thema medizinische Menschenversuche ungute, historische bedingte Assoziationen einstellen könnten, hat die Regie wohl nicht bedacht.

So bleibt letztlich ein zwiespältiger Eindruck: ein auf die Dauer etwas bemühter Karneval und eine Story, die etwas gewaltsam auf ein dürftiges Libretto gestülpt wird.

Auch der Musik Part konnte nicht so recht überzeugen. Keine Frage, dass Annette Dasch in der schwierigen Rolle der Rezia zu brillieren weiß. Und das gleiche gilt für das Buffo Paar Daniel Schmutzhard und Natalia Kawalek. Ansonsten nichts Besonderes. Oberon ist eben nicht Euryanthe, die wir vor ein paar Wochen in einer in Musik und Szene herausragenden Aufführung im Theater an der Wien gesehen hatten.

Schade, dass die im Ganzen so erfolgreiche Stagione 2018/19 im Finale enttäuscht hat. Wir besuchten die Aufführung am 19. Mai, die Dernière.