Les Enfants terribles auf der Kindergeburtstags-Fete. Agrippina am Stadttheater Gießen

Händel in Gießen? Ja, wenn Michael  Hofstetter dirigiert und Händel zelebriert und der Counter Valer Sabadus den Nerone singt, dann lohnt sich die Fahrt nach Gießen alle Male. Und doch bleiben nicht primär Orchesterklang und Gesang, so herausragend sie auch waren, in Erinnerung,  sondern die frappant witzige und in ihrer Konzeption kohärente Inszenierung. Das historische ( oder auch pseudohistorische) Ambiente, die Intrigen und Possen am Hofe  des Operettenkaisers Claudio, die Umtriebe der Agrippina, das Gejammer des armen Ottone, dem Macht und Geliebte abhanden kommen, all das interessiert  Theatermacher Balázs Kovalik nicht im geringsten. Die Regie  verlegt den Ort der Handlung in ein Kinderzimmer von heute und lässt die Akteure zu  „schrecklichen Kindern“ werden, die eine Geburtstagsparty feiern und dabei miteinander spielen und miteinander zanken, Freundschaften und Feindschaften ausprobieren, sich mit Kuchen bewerfen und Verstecken spielen  und im Finale aufeinander losgehen. Nerone – im Vorgriff auf seine blutige Zukunft – schnappt sich ein Messer und hätte der kleinen Poppea beinahe die Kehle durchgeschnitten, dieser Zicke, die ihn eifersüchtig gemacht hatte, ja wenn nicht im letzten Augenblick (die von derRegie erfundene) „Tante Sigrid“ dazwischen gegangen wäre: „Jetzt ist Tante Sigrid aber wirklich  böse. Nun macht mal ganz schnell Ei-Ei, liebe Kinder!“ Ein geradezu groteskes lieto fine, das der Komik des Kindergartens noch eine zusätzliche Pointe beschert.… → weiterlesen