In Salzburg hatten wir in diesem Sommer Rossinis „azione tragico-sacra“ in ihrer französischen Fassung als Bibelstunde für Konfirmanden (angerichtet von einem gewissen Pastor Flimm) gesehen und uns ob so viel Unvermögen geärgert und gelangweilt. In Zürich, wo das Regieteam Patrice Caurier du Moshe Leiser die frühe italienische Fassung in Szene setzt, da wirft man die Bibel (sprich: das Buch Exodus) gleich auf den Müll der Geschichte und unterhält das Publikum mit einer Mixtur von Sequenzen aus Actionfilmen, Gesellschaftskomödien, Liebesdramen, Börsenkrach und Fundamentalismusschocker – und hat damit zu Recht großen Erfolg. Moses und Aron sind bärtige Fundamentalisten, die mit ihren biologischen Wunderwaffen Schrecken verbreiten, die Hebräer sind jüdische Flüchtlinge, die mit dem Flugzeug der Tyrannei entkommen wollen und die von schwarz gekleideten prügelnden Polizistin drangsaliert werden. Die Ägypter des Libretto sind samt Pharao und dessen verliebtem Söhnchen vom Börsensturz gebeutelte Banker von heute oder auch mal eine lustige dekadente Partygesellschaft. Der Boss der Banker trifft sich in Gangstermanier mit dem Boss der Talibane in der Tiefgarage, der Filius entführt die geliebte Hebräerin in ein Motel und ist ganz verzweifelt, als seine Mama und der Talibanunterführer das Stundenhotel von ihrer schnellen Eingreiftruppe stürmen lassen, Mama Faraone jammert in der Wohnküche der alten Liebe nach, und Papa Faraone liest seinem verliebten Söhnchen beim Braten von Spiegeleiern die Leviten. Ja, und im Schlussbild, da sind wir dann ganz aktuell: Talibanführer Moses droht dem zu Tode erschrockenem Boss der dekadenten Partygesellschafft, die gerade abgesoffen ist, vom anderen Ufer. All dies ist witzig, unterhaltsam und so ganz ohne alle pastoralen Fingerzeige gemacht. Ja, und gesungen wird von einem hoch motivierten Ensemble in bester Belcanto Manier, ganz wie man es in Zürich erwartet. Ein großer Rossini Abend. Wir sahen die Premiere B am 23. September 2009. Die Premiere war am 19. September.