Wer eine anspruchsvolle Samson et Dalila Aufführung, wie sie in der Kölner Oper zur Zeit zu sehen ist, nicht mag, der sollte zu den St. Galler Festspielen fahren. Dort gerät vor der barocken Kulisse des Doms Samson et Dalila zum infantilen Bilderbogen aus 1000 und eine Nacht, zu einem kitschigen Spektakel in knallbunten Kostümen, das immer wieder – vor allem bei den Auftritten des beleibten Oberpriesters und den betulichen Verführungsszenen – in unfreiwillige Komik umzukippen droht. Eigentlich könnte man das Ganze nur belächeln, und wenn in den beiden Hauptpartien nicht so schön gesungen worden wäre, hätte ich es wohl nicht bis zum Schluss ausgehalten.
Allein was tut’s. Dem Publikum hat das Freiluftspektakel allemal gefallen. Es ist ja auch so schön romantisch und manchmal auch ein bisschen gruselig, wenn über der bläulich-grau angestrahlten Kathedrale der Mond und die Sterne leuchten, wenn der arme Samson auf den girren Gesang der verräterischen Sirene Dalila hereinfällt und dann nur noch herumjammern kann. Und wenn sich dann zum Finale das Ballett an einem keuschen Bacchanale versucht, die Tempelwand einen Riss bekommt und sich die Hundertschaft von Choristen vor Schreck auf den Boden wirft und Held Samson drohend die Faust reckt, ja dann weiß man wirklich, was Oper ist: ein streckenweise unterhaltsames, sonst aber nur langweiliges Spektakel mit Soundtrack, in dem böse Weiber gutwillige kräftige Männer, die doch auch mal ein Recht auf Entspannung haben, ruinieren, und lüsterne Kleriker dabei übel mitmischen. Und kalte Füße, da kann der Sommerabend noch so lau sein, kriegt man spätestens im dritten Akt.
Wir sahen die Vorstellung am 30. Juni 2009.