„Agamemnon, Agamemnon…“ Elektra im Totenhaus. Linda Watson triumphiert an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf

 

Die angeblich so wilde Strauss Musik – wir haben sie schon so viele Male gehört – klingt uns heute fast vertraut und fasziniert doch noch immer.  Dass  bei dieser Gelegenheit die Düsseldorfer  Symphoniker unter Maestro Axel Kober ihrem Publikum  geradezu ein Fest der Klänge bieten, das war zu erwarten und versteht sich eigentlich von selber.  Auch für Regie und Ausstattung bürgen  in Düsseldorf berühmte Namen wie Christof Nel und Roland  Aeschlimann. Die Szene: ein ganz in schwarz gehaltenes Totenhaus, aus dem schwarz gekleidete  Untote grinsend ihre Köpfe herausstecken – frei nach Schiller: in den öden Fensterhöhlen wohnt das Grauen. Schwarz gekleidete Mägde versuchen vergeblich den Schmutz (der Erschlagenen?) fort zu wischen. (Ein versteckter Verweis auf die erste Szene in Maeterlincks Pelléas et Mélisande?) Die eiskalte Aufseherin hat den Charme einer Stasi Funktionärin. Klytämnestra im langen blauen Überwurf spielt ihre Neurosen bis zum Exzess aus, und Chrysothemis, die kleine Schwester im weißen Kleid (der Unschuld?), will von all den Geschichten von Mord und Rache nichts mehr wissen und wünscht sich halt ein „Weiberschicksal“. Ein Familiendrama, scheinbar aus archaischer Zeit, verlegt ins Totenreich, in dem die Figuren sich und den anderen die Hölle bereiten. (Vielleicht eine Referenz  auf Sartres Huis clos?)

So  brillant auch musiziert wird, so beeindruckend eine ehrgeizige Regie die ewige Verkettung von Gewalt und Tod, von Rache und wieder Rache  auch in Szene setzt, so anspruchsvoll auch die Nebenrollen besetzt sind, all dies verblasst schließlich vor der Bühnenpräsenz, der Gestaltungskraft und der machtvollen Stimme der Linda Watson in der Titelrolle. Ich hatte die Watson in früheren Jahren öfters in Wagnerrollen gesehen (als Sieglinde in Essen, als Walküre und Isolde in Düsseldorf). Sie war damals schon eine grandiose Interpretin. Doch jetzt als Elektra, da ist sie einfach überragend.  Zu Recht feierte sie ein begeistertes Publikum. Die Düsseldorfer Elektra sollte man nicht versäumen.

Wir sahen die Vorstellung am 7. Oktober. Die Premiere war  am 22. September 2012.