Rokokospielfiguren im vertikal gestellten Labyrinth. La Finta Giardiniera an der Oper Bonn

Bei  La Finta Giardiniera Inszenierungen, das sage ich gleich, bin  ich voreingenommen. Ich kann einfach nicht umhin, sie mit der Harnoncourt / Moretti Produktion zu vergleichen, die vor knapp sechs Jahren in Zürich zu sehen war, eine Finta Giardiniera der Spielfreude, der Ironie und des Witzes, die in den Wahnszenen des letzten Akts das Tragische streift, eine Komödie für Musik, wie man sie sich kaum besser dirigiert und inszeniert vorstellen kann. Natürlich ist es ungerecht und unangemessen, solche Ausnahmeproduktionen mit einer Aufführung in einem deutschen Provinztheater zu vergleichen. Und Provinz ist Bonn in der Tat. Behäbig klingt die Musik aus dem Orchestergraben, nicht gerade überragend wird gesungen. Alles wirkt so bieder, so bemüht, so langweilig. Das einzig Bemerkenswerte an der Bonner Finta ist das Bühnenbild, das zu vielerlei Deutungen inspiriert. Ist es ein vertikal gestelltes Labyrinth, in dem sich die Liebenden in  ihren Irrungen und Wirrungen verlieren? Oder zeigt es vielleicht ein säkularisiertes Retabel, ein Altarbild mit zahlreichen Einzelbildern, in dem nicht mehr andächtig stumme Heilige  in ihren Nischen meditieren, sondern singende Rokokofiguren, lebendige Meissner Porzellanfiguren, ihren Spaß treiben, ihre Liebespielchen veranstalten? Ein Altarbild, in dessen Zentrum sich  nicht mehr der Tabernakel oder eine hinter Glas ausgestellte  Heiligenreliquie findet, sondern das Messer, mit dem der Graf seine Geliebte erstechen wollte, als Reliquie aufbewahrt wird. Oder ist das Retabel ganz in der Tradition des barocken spanischen Puppenspiels eine Bühne mit unterschiedlichen Spielorten? Oder, um es respektlos zu sagen, ist das Ganze ein barockes Fitnessstudio, in und an dem die Akteure nicht nur singen und spielen, sondern gleich auch ihre Kletterkünste zeigen können. Das mag ja alles sein. Mit einem Wort: in Bonn ist ein polyvalentes Bühnenbild zu bestaunen – und weiter nichts.  Die Behauptung, die ich an der Garderobe aufschnappte: „An der Bonner Oper ist das Beste der Türke gegenüber“ halte ich allerdings für geschmacklos. (Die Antipasti beim Türken schmecken übrigens ausgezeichnet).

Wir sahen die Vorstellung am 22. Dezember  2011. Die Premiere war am 6. November 2011.