Schwüle, sinnliche Klangwelten mit angeblichen Hitchcock Assoziationen. Barrie Kosky inszeniert und Vladimir Jurowski dirigiert Die Gezeichneten am Opernhaus Zürich

Auf Hitchcock – auf ihn verweist Kosky im Programmheft – wäre ich nicht gekommen. Die Inszenierung – so schien es mir – setzt ganz andere Akzente. Ihr geht es –  so schien es mir – um die Abgründe der Kunstwelt, in der der Sammler und Kunstmäzen selber zum Objekt wird, nein sich selber dem Künstler als Objekt ausliefert. Hier im konkreten Fall wird der Mäzen von der Malerin manipuliert und vernichtet. Von der Malerin Carlotta, die von ihrem Objekt einen bestimmt Ausdruck verlangt, diesen einfängt und das Objekt, nachdem es seinen Dienst getan hat, vernichtet.

Bei der Suche nach der scheinbar so reinen, so „hehren Kunst“ ist das romantische Kontrastmotiv des Le Grotesque et Le Sublime – hier der verkrüppelte hässliche Mäzen,  dort die weißen Canova Skulpturen und das Elysium der Kunst, das der Mäzen hat errichten lassen – stets präsent. Und dies nicht nur im Kontrast der beiden Welten, sondern auch als ein Ineinander-Übergehen von Schönheit und Hässlichkeit im moralischen Sinne. Das Elysium ist ein Ort  des Verbrechens: ein Ort der Pädophilie und der Vergewaltigung. Der Mäzen selber wird zum Mörder an seinem Rivalen und endet im Wahnsinn.

Wenn man so will, ist das alles, was Schrekers Libretto  bietet, ein Konglomerat aus Albträumen und Klischees der Dekadenz, erledigter Romantik, herunter gekommener Religion der Kunst, ein Konglomerat, das  bei seiner szenischen  Umsetzung in Zürich mit einer Prise Hitchcock gewürzt wird und perfekt zur schwülen Musik passt. Faszination und Abscheu und ein „Versinken, Ertrinken“ im Klangrausch bietet Schreker seinem Publikum.

Maestro Vladimir Jurowski und die Philharmonia Zürich zaubern diesen berückenden Klangrausch, dem man sich kaum entziehen kann, herbei. Doch in Erinnerung bleibt vor allem ein grandioser Sängerschauspieler: John Daszak in der Rolle des Kunstmäzens Alviano. Wie er den frustrierten Kunstmäzen, die Degradierung zum Objekt der Kunst, das Verliebt-Sein in die Malerin, die Enttäuschung, die Verzweiflung, den sich immer mehr steigernden Wahnsinn darstellt, das ist einfach bewundernswert.

Wir besuchten die Aufführung am 23. Oktober 2018,  die Dernière (hoffentlich nur in dieser Spielzeit). Die Premiere  war am 23. Oktober 2018.