Casta Diva – routiniert und konventionell. Norma am Liceu

Ich weiß ja, und ich glaube es ja auch, dass die beiden Diven, die da (mal stehend, mal kniend) von der Rampe herab Norma und Adalgisa sangen und mimten, Starsängerinnen sind, die nicht nur in Barcelona ihre ‚Kunstfertigkeiten‘ zeigen, sondern bald auch bei den diesjährigen Münchner Opernfestspielen in diesen Rollen brillieren werden. Kein Zweifel, dass auch der Tenor, dem Bellini die undankbare Rolle zugedacht hat, gleich gegen zwei Damen ansingen zu müssen, ein Star ist, der sich durchaus gegen die weibliche Konkurrenz zu behaupten wusste. Kein Zweifel auch, dass sich das Orchester ganz zurückgenommen und den Solisten allen Raum zur Entfaltung gegeben hat.

Und trotzdem. An diesem Abend im Liceu da fehlte etwas. Da sprang kein Funke über. Da wurden keine Emotionen erweckt. Da erstarb Bellinis so wunderbarer Melodienreigen  in ewiger Routine, um nicht zu sagen in Langeweile.

Nicht zuletzt lag das wohl auch an der einfallslosen Regie, die weder mit den gallischen Fundamentalisten und ihren barbarischen Riten noch mit diesem  Römer im Lederwams  und seinem aus dem Ruder laufenden Liebesleben etwas anzufangen wusste. Geschweige denn mit den Passionen der Damen. Wie soll man auch eine romantische Dreiecksgeschichte mit einem politischen Thema, dem Aufstand gegen die Besatzer, verbinden und das alles noch dazu im Gallien der Römerzeit ansiedeln. Jossi Wieler hatte vor Jahren in Stuttgart dieses Problem in der Weise gelöst, dass er das Geschehen in das Resistenza Milieu im Mezzogiorno verlegte, aus der Figur der Norma eine Anna Magnani in einem neorealistischen Film machte und das Ganze parodistisch auflockerte. Von solcher Aktualisierung der „tragedia lirica“ oder gar von modischen Extravaganzen will man im Liceu nichts wissen.  Hier hält man sich streng ans Libretto und präsentiert in Kooperation mit zwei großen amerikanischen Häusern und der Canadian Opera Company ein altbackenes Spektakel und versucht sich erst gar nicht an einer originellen Deutung.

„Allein, was tut‘s“.  Dem Publikum hat’s gefallen. Hinter mir bekam ein Herr nach der ersten Tenorarie vor lauter Begeisterung einen Schreikrampf. Neben mir hatte die Dame vor lauter Begeisterung vergessen, ihr ‚Mobil‘ auszuschalten, das sich daraufhin zur Casta Diva meldete. Vor mir erklärte ein älterer Herr seiner Begleiterin ständig das Stück. Ein Mann zwischen zwei Frauen, das ist in der Tat ja auch eine sehr schwierige Konstellation.

So haben wir denn am 14. Februar 2015 eine ganz gewöhnliche Repertoireaufführung im Liceu erlebt. Wir hatten eigentlich mehr erwartet.