Intermedialitätsrevue unter Schwulen. The Rake’s Progress in der Staatsoper im Schillertheater

Intermedialitätsrevue unter Schwulen. The Rake’s Progress in der Staatsoper im Schillertheater

Strawinsky mag ich eigentlich nicht sonderlich. Und ganz unerträglich erscheint mir das Libretto: dieser Mischmasch aus armseligem Faustjüngelchen, impotentem Don Giovanni, ewig-weiblichem Erlösungsdrang, sozialkritischem  Quark und Brecht ‚Verfremdung“. Doch wenn Metzmacher dirigiert, Warlinowski, der in München vor ein paar Jahren Eugen Onegin als grandios-effektvolle Schwulenoper in Szene gesetzt hatte, inszeniert und wenn noch dazu die Besetzung viel versprechend ist (und man überdies sowieso gerade in Berlin ist), ja dann meint man etwas zu versäumen, wenn man nicht zur Neuproduktion von The Rake’s Progress geht (Die Premiere war am 10.Dezember. Wir sahen die Aufführung am 12. Dezember). Ich hätte nicht viel versäumt, wenn ich zu Hause geblieben wäre. Kein Zweifel, dass brillant gesungen und gespielt wurde und sicherlich wurde auch dem entsprechend musiziert. Mir allerdings kam alles ein bisschen langweilig vor – der unmaßgebliche Eindruck einer Dilettantin.  Langweilig ging es auch auf der Bühne zu. Ja, warum soll man nicht eine Strawinsky Oper  als Revue Theater, als Theater auf dem Theater, als Video Show, als Studioaufnahme für einen Fernsehfilm, bei dem die Studiogäste auf der Bühne gleich mitspielen dürfen, als trianguläre Beziehungskiste unter Schwulen (der Jüngling, der Verführer, der Transvestit) in Szene setzen. Warum soll man nicht die Andy Warhol Kiste aufmachen und dessen Popfiguren sich auf der Bühne tummeln lassen. Warum soll man nicht Film- und Theaterfiguren wiederauferstehen lassen und diese parodieren: so wird aus dem Idol James Dean ein kümmerlicher Schwächling (der Protagonist Tom Rakewell), da erinnert in der Friedhofsszene der Verführer Nick Shadow von ferne an den Gründgens Mephisto (es fehlt nur die weiße Schminke im Gesicht), da scheint die erlösungssüchtige  Anne gerade aus einer Probe  zu Brecht/Weill Die Sieben Todsünden der Kleinbürger herüber gelaufen zu sein.  All das ist hübsch anzusehen und anfangs auch recht unterhaltsam. Der technische Aufwand, der betrieben wird, ist bewundernswert. Lichtregie und Statisterie kommen kaum zur Ruhe.  Und trotzdem: auf die Dauer wirkt das alles ein bisschen öd und fad. Aber wie gesagt: ich bin eben kein Strawinsky Fan. Vielleicht ist dies auch der Grund, warum es mir nicht sonderlich gefallen hat. Ein Renner für die Berliner Staatsoper wird The Rake’s Progress wohl ohnehin nicht. Schon die zweite Vorstellung war nur mäßig besucht.