Warum so hoch greifen, so hoch zielen? In Düsseldorf spielt man einfach Karneval. Die Saison war dieses Mal ja auch so kurz. Und der Zug ist auch noch ausgefallen. Oder war das in Köln? Ist ja egal. In Düsseldorf holt man einfach nach der Fastenzeit den Karneval auf der Opernbühne nach.
Da gibt’s den Zauberer, der in Begleitung von zwei langbeinigen Revuetänzerinnen – beide können, wie sich im Laufe des Abends herausstellt, auch noch recht passabel singen – da gibt’s wie gesagt den Zauberer, der ein Märchenspiel ankündigt. Er meint eine Operette mit versoffenem und leicht verblödetem Personal und einem „Zaren“, der in Kostüm, Maske und Perücke ein Jelzin Verschnitt ist, eine Operette mit voll gedröhnten Militärs und Lakaien und noch dazu einem tumben Volk.
Einzige ernsthafte Person ist die singende Revuetänzerin, die in ihrem Pariser Etablissement den ach so verklemmten „Zaren“ so zu bezirzen weiß, dass er sie gleich zur Zarin erhebt, mit ihr nach Russland zurückfährt und dem Volk Käse spendiert.
Doch als der Zauberer die schöne Prinzessin haben will, da wird aus der Komödie beinahe eine Tragödie. Der Zar schlägt den Zauberer tot, das Volk schlägt den Zaren tot, die Prinzessin verschwindet, das Volk weiß nicht weiter.
Ach nein, es war doch alles nur ein Spiel mit – so verkündet der Zauberer (Librettist und Regisseur in einer Person), ein Spiel mit frei erfundenen Figuren, das er zusammen mit der Tänzerin inszeniert habe. Und der Zar kehrt zurück. Alles ist doch nur Theater, Theater auf dem Theater, Komödie, Parodie, Satire, mit einem Wort: Karneval.
Aber darf man denn – auch wenn man gleichsam als Rückversicherung mit Dmiitry Bertman einen russischen Theatermacher als Regisseur engagiert- darf man denn einen russischen Staatsmann zum Objekt der Satire und Komödie machen? Hat die Intendanz auch beim Bundeskanzleramt nachgefragt? Wenn das mal gut geht.
Ach nein. Alles ist doch nur Theater, gut gemachtes, souverän gemachtes Theater. Und die Musik? Eine schöne, wenn auch – mit Verlaub gesagt – eine etwas langweilige Musik. Sie plätschert halt so vor sich hin.
Star des Abends ist der Bariton Boris Statsenko in der Rolle des Zaren. Wie er den versoffenen, machtgeilen, sexgeilen, verklemmten, mit einem Wort: den gefährlichen Lustgreis auf die Bühne stellt, das ist einfach grandios, das bewahrt die Inszenierung vor dem Absturz in die Klamotte.
Eine Bitte an die Intendanz: wenn schon Rimski-Korsakow, dann doch lieber Die Zarenbraut oder Die Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch. In Amsterdam und in Barcelona war Die Legende in einer spektakulären Aufführung zu sehen. Und nicht minder spektakulär ist die Berliner Zarenbraut in der Staatsoper im Schiller Theater. Schade, dass man es sich in Düsseldorf mit Rimski-Korsakow so leicht gemacht hat. An künstlerischem Potential mangelt es an der Deutschen Oper am Rhein doch wirklich nicht.
Wir sahen die Vorstellung 17. April 2016. Die Premiere war am 15. April 2016.