Die Szene in den ersten beiden Akten: ein felsiger Strand, Schiffsbrüchige im grünen Mao-Look liegen erschöpft am Ufer. Die Bewohner des Landes im blauen Mao-Look sammeln sie auf, treiben sie zusammen. Idomeneo ein Traumatisierter und schwer Gestörter, Idamante ein edler Gutmensch, Elektra mit wirrem schwarzem Haar eine Kinderschreck Hexe, Ilia ein sanfter blonder Engel, das Volk eine verängstigte Schar Unterdrückter. Aufgelockert wird dieser müde Pseudorealismus durch die Geistererscheinung des Gottes Neptun, der als antike Götterstatue aus dem Wasser auftaucht.
Doch das ist alles gar nicht so wichtig, stört kaum, lenkt nicht von der Musik ab, einer Musik, die sanft, sagen wir einfach: wunderschön zelebriert wird. Hinzu kommt, dass in allen tragenden Rollen herausragend und brillant gesungen wird. Ein Fest der Mozartstimmen: allen voran Ilia in der Person der Julia Kleiter mit ihrer so glockenklaren Stimme.
Ja, wenn doch nur das Produktionsteam auch im dritten Akt der Musik die Dominanz überlassen und mit seinen Gewaltorgien nicht den Zauber des Abends zerstört hätte. Im dritten Akt da setzt sich die Regie im Wortverstande gewaltsam in Szene. Da haust die Königsfamilie in einem zerschossenen Bunker, da dürfen Ilia und Idamante Pyramus und Thisbe spielen und, durch eine Ziegelwand getrennt, sich ihrer Liebe versichern. Da lyncht eine auf gebrachte gewalttätige Masse den Minister, der sie vergeblich zu beruhigen sucht, da hetzt der Oberpriester die Masse auf, da verprügeln die Rädelsführer den König und zu guter Letzt, als wir schon beim lieto fine sind, da ersticht die rasende Elektra nicht sich selbst, sondern den König. Eine Variante des Idomeneo-Mythos, die der Regie noch die finale Möglichkeit bietet, eine antike Totenfeier mit Fackeln und brennendem Sarg vorzuführen.
Schade. Aus einem sanften und schönen Mozartabend ist nach der Pause ein Bürgerkriegsspektakel mit Mozart Soundtrack geworden.
Wir sahen die Aufführung am 20. Dezember. Die Premiere war am 29. November 2014.