Star-Theater, Dekorations-Theater. Verdi im Opernmuseum: I due Foscari am Theater an der Wien

War das nun eine unfreiwillige Opernparodie, die sich das Theater an der Wien von der Los Angeles Opera eingekauft hat? Oder war das eine ernst gemeinte Inszenierung aus den seligen Zeiten, als es genügte, einen oder wenn möglich mehrere Stars in historische Kostüme zu stecken, sie in historisierende Dekorationen zu platzieren und sie einfach singen zu lassen? Ich fürchte, das zweite war der Fall.

Immerhin gesungen haben die drei Stars, die man in Wien für die Hauptrollen engagiert hatte, alle Male mehr als brillant: der hochberühmte Tenor/Bariton als greiser Doge und leidender Vater,  ein Sängerdarsteller, der auch in seiner Spätzeit mit seiner noch immer mächtigen und makellosen Stimme das Publikum ( vor allem die älteren Damen)  zu berücken weiß, die schöne Sopranistin in der so undankbaren Rolle des ewig klagenden und  jammernden und  doch  so stolzen Weibes, der nicht minder schöne Tenor, der über drei Akte hinweg den Schmerzensmann singen und mimen muss. Kein Zweifel, ein Fest der Stimmen – wenn man Verdi-Gesang mag.

Und die Inszenierung?  Dieser historische Schinken, den das für die Bühne verantwortliche Produktionsteam, das bei seiner Arbeit wohl kaum „von des Gedankens  Blässe angekränkelt“ war, da vorsetzte, ich fand ihn ungenießbar, einfach nur schrecklich. Doch sind wir als vom „Regietheater“  Verwöhnte oder meinetwegen Deformierte nicht so streng. Warum soll  man nicht in prachtvollen historischen Kostümen schwelgen, nicht die Kerker der venezianischen Oligarchie mit ihrer menschenverachtenden Grausamkeit nachstellen, sie in Aktion zeigen und Horror Szenen In aller Drastik präsentieren. Wer brutalen Realismus  und Sadismus auf der  Opernbühne mag …Ich fand dieses so  peinlich unreflektierte Spektakel nur aufgesetzt und abstoßend.

Ist es denn wirklich so schwer zu  begreifen, dass es in Verdis I due Foscari nicht (oder allenfalls vordergründig) um politische und familiäre Händel  in einem längst versunkenen Venedig geht.  Hier geht es vielmehr um die ewig gleichen,  stets aktuellen Strukturen eines totalitären Machtapparats. Und diese Strukturen herauszuarbeiten, sie in ihrer Überzeitlichkeit und Allgegenwart zu deuten und nicht Bilderbögen aus fernen Zeiten zu präsentieren, das hätte man eigentlich von einer Inszenierung  von I due Foscari erwarten können, erwarten müssen. „Allein, was tut’s.“  Dem Publikum hatt’s  gefallen. Richtig, was geht es uns auch an, „wenn fern in der Türkei die Völker aufeinander schlagen“, wenn im Venedig des 15. Jahrhunderts ein Terrorregime herrscht. Die Oper ist schließlich keine „moralische Anstalt“, sondern? Ja, was eigentlich? Musiktheater auf  möglichst hohem  Niveau. Im Theater an der Wien hat man diese Möglichkeit – abgesehen vom  musikalischem Part – verschenkt. Besser gesagt: man hat einfach beim Einkauf daneben gegriffen.

Eine Bitte an die Intendanz. Überlassen Sie doch die Schinken der Staatsoper und konzentrieren Sie sich auf das, was den Ruhm des Theaters an der Wien ausmacht: das Subtile.

Wir sahen die Vorstellung am 18. Jänner 2014. Die Premiere war am 15.Jänner 2014.