Gleich mit zwei Stücken nach Bildern von William Hogarth beginnt in Wien die neue Spielzeit: mit Strawinskis modernem Klassiker und der Uraufführung von A Harlot’s Progress von Iain Bell. Ob das eine sehr weise oder zumindest kluge Entscheidung war? Ich habe da meine Zweifel. Wir haben gerade in einer sogenannten Neueinstudierung einer Inszenierung vom Jahre 2008 die Mär von Aufstieg und Fall des ‚Wüstlings‘ Tom gesehen (Die Uraufführung vom Leben und Sterben „einer syphilitischen Hure“ kommt im Oktober heraus), und ich muss gestehen, dass ich The Rake’s Progress, obwohl von einem renommierten Theatermacher in Szene gesetzt, sterbenslangweilig fand. Die Aktualisierung des Geschehens, die Transponierung der Handlung in ein Big Brother Ambiente mit No future kids, die in ihrem Tun und Lassen von der Welt des Unterschichten TV determiniert sind, das mag ja seinen Reiz haben. Aber nicht drei Stunden lang. So sehen wir geduldigen Zuschauer also, wie es Ann, die scheinbare Unschuld vom Lande, zum Schlagersternchen bringt und der Einfallspinsel Tom Lottomillionär wird, der, als er sein Vermögen in Orgien und Shows und scheinbarer Wohltätigkeit verpulvert hat, dem Wahnsinn verfällt. All das ist nicht ohne Witz gemacht, und an den grotesken Szenen kann man auch seinen Spaß haben. Aber, wie schon gesagt, nicht drei Stunden lang. Einziger Trost: ein hochkarätiges Ensemble, allen voran Anna Prohaska als Anne Truelove, singt und spielt brillant. Daher mein Vorschlag an die Intendanz: Bringt das nächste Mal The Rake’s Progress als „Oper konzertant“ und verschont uns mit abgespielten Inszenierungen.
Wir sahen die Aufführung am 19. September 2013. Die Premiere der Wiederaufnahme war am 16. September 2013.