Staub, Staub! Überall Staub. Der Rosenkavalier in der Semperoper Dresden

Verstaubt ist der Musentempel. Verstaubt ist das Publikum. Verstaubt  ist die Inszenierung. Ja, selbst der so berühmte Dirigent, den man in seiner Münchner Zeit ob der Dynamik und der Subtilität, mit denen er uns  in seinen Konzerten auch im Altbekannten  neue Nuancen erschloss, stets bewundert hat, wirkt so müde und schlaff. So ganz in Melancholie und Entsagung versunken, so als habe er all die glitzernde Erotik der Musik vergessen und verdrängt.

Ein Glück nur, dass Anne Schwanewilms den Monolog der Marschallin so seelenvoll schön wie immer singt. Wie schade, dass ihr Oktavian so seelenlos perfekt  in kalter Schönheit singt. Wie ärgerlich, dass der Ochs zum tölpelhaften, bayerisch-österreichischen Bauern im Vorruhestand gemacht wird.

Natürlich geht es im zweiten Akt etwas zügiger und temperamentvoller zu. Das verlangen schon Libretto und Partitur. Natürlich  ist das Finale im dritten Akt, das berühmte Terzett der Damen und das Duett Octavian- Sophie, wie immer berührend schön. Bei dem  renommierten Orchester und bei der hochkarätigen Besetzung kann ja  auch  gar nichts schief gehen.

Ansonsten. Mon Dieu, was ein Staub, was für eine Langeweile, zum Einschlafen. Oper für das Seniorenstift.

Da sind wir nun extra nach Dresden gefahren. Nicht um die 57. Vorstellung einer altbackenen Inszenierung  vom Jahre 2000 zu sehen, sondern um die Strauss Interpretation des großen Dirigenten zu hören. Doch der berühmte Musiker, so schien es mir an diesem Abend, ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Er, der einst mit seinen Münchner Philharmonikern ein großes durchweg aufgeschlossenes und verständnisvolles Publikum zu begeistern wusste, dirigiert hier in Dresden abgespieltes Repertoire vor einem größtenteils unverständigen Publikum, das ihm regelmäßig in die Schlusstakte hineinklatscht.

Vielleicht gilt auch für Dresden, was einst Thomas Bernhard als gerade für  Künstler so gefährliche Salzburger Krankheit diagnostizierte:  „Wer hier lebt [..], muß, bevor es für ihn zu spät ist, wieder weggehen, will er nicht werden wie diese stumpfsinnigen Bewohner […], die mit ihrem Stumpfsinn alles abtöten, das noch nicht so ist wie sie selbst“ (Der Untergeher).

Wir sahen die Vorstellung am 12. Juni 2013.