Drei Bäume im Sommerlaub (darunter natürlich die berüchtigte Platane), Buschwerk und ein sanft ansteigendes Rasenbett. Das Ganze umschlossen von einer kreisförmigen hohen Mauer, die sich nach den Erfordernissen der Handlung öffnet und verschließt. Ein nur eben angedeuteter ‚englischer Garten’ oder vielleicht ein Verweis auf den hortus conclusus des Hohen Liedes oder auf den ‚Lustort’, den locus amoenus, der sich Liebenden und Getriebenen öffnet und wieder verschließt? In dieses auf den ersten Blick recht einfache oder, wenn so will, doch sehr vieldeutige Szenarium stellt die Regie die Dreiecksgeschichte um die schöne Romilda und die um sie rivalisierenden Brüder Serse und Arsamene. Ergänzt wird diese Geschichte mit zwei Nebenhandlungen: den Intrigen der Atalanta, die unbedingt ihrer Schwester Romilda den Geliebten ausspannen will und den ständigen Versuchen einer dritten Dame, den Exgeliebten Serse wieder für sich zu gewinnen.
Serse – das ist auch für Nichtmusikhistoriker evident – ist ein hybrides Werk, in dem sich die traditionelle Opera Seria und die neu entstehende Buffa überlagern. Wenngleich die klassische Struktur der Opera seria immer noch bewahrt wird: die traditionellen Paare Primo Uomo, Primadonna, Secondo Uomo, Seconda Donna, ein oder zwei Nebenfiguren, zwanghaftes lieto fine, all dies findet sich auch hier, ist Serse offensichtlich von Handlungsstruktur und Personenkonstellation her nur scheinbar noch eine Opera Seria, sondern ähnlich wie Partenope eher eine Händel Operette. Die Regie versteht es, diesen Schwebezustand zwischen Seria und Buffa geschickt zu bewahren: so betont sie das Sowohl-als-auch von beidem an der Figur des Serse – ein ernsthaft Liebender und ein eifersüchtiger Wüterich – , zeigt das Paar Romilda- Arsamene als geradezu vorromantisches Liebespaar und karikiert die beiden übrigen Damen als kokette Operettenprinzessin bzw. als Mafioso. Ein durchaus überzeugendes und unterhaltsames Konzept. Doch im Wiener Serse sind Bühnenbild und Inszenierung letztlich nur eine quantité negligable. Unter der Leitung von Jean-Christophe Spinosi wird mit solchem Schwung, solcher Begeisterung, mit einer solchen Brillanz musiziert und gesungen, dass man Inszenierung und Dekor, so gelungen, so ästhetisierend sie auch sind, einfach vergisst. Ein großer Händel Abend im Theater an der Wien.
Wir sahen die Aufführung am 20. Oktober 2011. Weitere Vorstellungen sind noch am 25. und 27. Oktober. Die Premiere war am 16. Oktober 2011.