Was aber bleibet, stiftet die Primadonna. Ansonsten: Regiesalat genießbar bis ungenießbar. Rinaldo an der Oper Köln

Was aber bleibet, stiftet die Primadonna. Ansonsten: Regiesalat genießbar bis ungenießbar. Rinaldo an der Oper Köln

Händels einstens so erfolgreiche frühe Londoner Oper habe ich in München in David Aldens herausragender Inszenierung, damals als die Bayrische Staatsoper unter der Intendanz von Peter Jonas  Händel wiederentdeckte, mehrere Male gesehen. Eine Inszenierung, die mit Film- und Revueklischees spielte, den barocken Opernstil geistvoll zu parodieren wusste und die trotz aller Spielereien auch Ernsthaftigkeit wie die Verstörungen, die die ‚christlichen’ Protagonisten in ihrer Begegnung mit der Zauberwelt der Armida erleiden, in Szene zu setzen verstand. Es wäre unfair, die Maßstäbe, die Alden und mit ihm Maestro Ivor Bolton  in München gesetzt haben, einfach auf die Kölner Oper zu übertragen. Doch ganz so provinziell, ganz so langweilig und so emsig bemüht, wie das in Köln geschieht, sollte man Händel vielleicht nicht aufführen. Zwar steht mit Alessandro De Marchi  ein berühmter Spezialist für Musik des 18. Jahrhunderts, den ich schon in Innsbruck und Wien schätzen gelernt habe, am Pult. Trotz alle dem. Ich weiß nicht. Mir schien, dass an diesem Abend im Kölner Opernhaus weder ein besonders melancholischer noch ein besonders spielerischer oder gar witziger Händel erklangen. „Sinnlich“, wie der Maestro im Programmheft verkündete, war sein Händel bestimmt nicht – eher einschläfernd. Zwiespältig war auch, was sich auf der Szene so tat. Zwar legt sich Simone Kermes in der Rolle der Armida wie gewohnt als Sängerin und Darstellerin mächtig ins Zeug. Wie immer beeindruckt sie mit ihren bravourösen Koloraturen und ihrer umwerfenden Bühnenpräsens und  ließ den schmächtigen Rinaldo trotz seines Nato Kampfanzuges recht blass und unscheinbar aussehen. Auch der kraftvolle arabische Liebhaber Argante machte neben der so dominanten Armida eine eher traurige Figur. Die Auftritte der Armida sind in der ansonsten so faden Aufführung die einsamen Höhepunkte. Der Eindruck der Fadheit und der Langeweile ist  nicht zuletzt der Regie anzulasten, die nie so recht wusste, was sie denn eigentlich wollte. Casablanca Zitate zu Beginn, Kölner Karneval alla Cäcilia Wolkenburg zwischendurch, orientalisches Märchen mit Metatheatereinlagen, Military Satire, Fantasy Klischees und zu guter Letzt als Kontrastprogramm zum gattungsspezifischen lieto fine aufdringlich drastische Verweise auf CIA Praktiken im Irak. Nichts von den psychischen Verstörungen, die Almirena und Rinaldo in ihrer Begegnung mit Armida erfahren. Kaum etwas von der Ambivalenz der Armida Figur. Dafür als Continuo die abgestandene Soße vom ‚Clash der Kulturen’ und vom ‚edlen Orientalen’ und vom ‚bösen Westler’. Das muss doch nicht sein. Wie ‚sofisticated’ und zugleich unterhaltsam Händel zu inszenieren ist, das weiß man in München, in Zürich, am Theater an der Wien und in Karlsruhe. Köln spielt wohl nicht mehr in der ersten Opernliga. Schade drum. Wir sahen die Vorstellung am 11. Mai. Die Premiere war am 30. April 2011.