Als Da Ponte für Mozart das Libretto zum Don Giovanni schrieb, da schrieb er gleichzeitig – so erzählt er in schönster Selbststilisierung in seinen Memoiren – Texte für Salieri und für Martín y Soler. Salieris opera seria ist heute vergessen. Doch Martín y Solers Buffa, die im Jahre 1787 in Wien uraufgeführt wurde, gehört in Spanien geradezu zum Repertoire. Jetzt im März zeigte das Teatro Real in einer Koproduktion mit dem Liceu Barcelona L’arbore di Diana gleich acht Mal. Ganz wie es sich für eine Buffa gehört, ist das Sujet witzig und unterhaltsam: eine Keuschheitsprobe in einem mythischen und pastoralen Ambiente, die, wenn Amor nur interveniert, notwendigerweise scheitern muss. Diana hat in ihren Garten einen Baum gepflanzt, der alle Lüsternheit, ob sie sich „in Gedanken, Worten und Werken“ ereignet, offenbar macht. Spazieren Diana oder eine ihren keuschen Nymphen unter den Zweigen dieses Baumes, ertönt himmlische Musik. Einer ‚sündigen’ Nymphe hingegen fallen die Früchte auf den Kopf. Amor, der den Hochmut der Diana brechen und seine Macht beweisen will, führt drei Schäfer, darunter den in Diana verliebten Endymion in den Garten, und…. Ja, wir wissen schon, wie das ausgeht, eben so wie es in Vergils Bucolica steht: „Amor herrscht über alles und alle“, und selbst die scheinbar so keusche Diana fügt sich resignierend und doch freudig seiner Macht („et nos cedamos Amori“). Die Regie (Francisco Negrín) verzichtet auf den nahe liegenden antiklerikalen und aufklärerischen Touch und erzählt uns nicht die Mär vom so bösen sechsten Gebot, das alle Lust mit Höllenstrafen belegt, und auch von den unterdrückten Sexualtrieben der Freudianer will sie nichts wissen. Sie setzt einfach auf Komik und Karnevalisierung, macht Diana zur Primadonna, die sich selber parodiert, die Nymphen zu Wagners Walküren, Amor als Spielleiter zum androgynen Karnevalsclown und die drei jungen Männer, die es in den Garten der Diana und zu deren Nymphen verschlagen hat, zu zugleich ängstlichen, draufgängerischen und tölpelhaften Kleinmachos – und hetzt sie alle wie in einem Panoptikum aufeinander. Ein Thema, ein Handlungsschema, eine Personenkonstellation, die allesamt einen unterhaltsamen Abend garantieren. Und wenn dann auch noch die Bühnentechnik mitspielt und aus Dianas Apfelbaum einen glitzernden Lichterbaum macht, wenn Diana als schaumgeborene Venus (natürlich in ein Badetuch gehüllt) aus der Wanne steigt, die jungen Männer ihre durchtrainierten Oberkörper zur Schau stellen, die Walküren die Panzerhemden ablegen und zu Wunschmaiden mutieren, ja dann wissen wir wieder: „Alle Lust will Ewigkeit….“ . Und die Musik? Sie ist schön und gefällig. Die Musikhistoriker werden sie einzuordnen wissen. Mir gefällt sie einfach, und ich finde es schade, dass man sie so selten oder wohl gar nicht in deutschen Musiktheatern hört. Wir sahen die achte Vorstellung am 26. März. Es war die siebte Aufführung nach der Premiere am 17. März 2010.