Weltstars im Opernmuseum. Jürgen Rose inszeniert und bebildert Don Carlo in der Bayerischen Staatsoper

Den Don Carlo hatte ich vor gut dreiJahren schon mal in München gesehen – und fand ihn schrecklich. Doch wenn Stars wie die Harteros und Keenlyside  in München auf der Bühne stehen, da muß man halt  zur Kompensation Herrn Roses Arbeiten in Kauf nehmen. Ja, wenn man sich auf eine historisierende Aufführung im Stil des 19. Jahrhunderts, im Stil der französischen großen Oper einlassen mag, dann ist das, was Rose präsentiert,   sehr schön,  sehr grandios, sehr  einfältig. Keine Spur von Ironie, von Distanz gegenüber einem so abgegriffenen Sujet, dieser kolportagehaften Mischung aus Liebe, Leidenschaft, Eifersucht, Freundschaft, Staatsaktion, Antiklerikalismus und katholischem Spanien. Rose lässt kein Klischee der España Sagrada aus, und alles ist so, wie es sich ein progressiver Protestant, der seinen Schiller noch von der Schule her kennt, vorgestellt hat: die  allmächtige Inquisition, verkörpert in der Person des greisen, blinden Kardinals und Großinquisitors, vor dem selbst der König zittert,  die  Ketzerverbrennungen als öffentliches Spektakel – garniert mit den Bilderwagen, den „pasos“ aus der „Semana Santa“ in Sevilla, die Vernichtung jeglichen Ansatzes einer España liberal durch das  ideologische Gewaltmonopol der Kirche, die spanischen Kostüme, die unterdrückte Sexualität, die Zurbarán und Valdés Leal Bilder, deren düstere Farben die Lichtregie den ganzen Abend über zitiert, das Zurbarán Bildzitat schon auf dem Zwischenvorhang, das riesige Kreuz als Dauerrequisit. Das landläufige Opernpublikum ist  begeistert. Ich finde es schrecklich. Was hätte man daraus mit nur einem bisschen Aktualisierung doch alles machen können. Statt dessen  präsentiert sich München   als Opernmuseum. Diese musealen altbackenen Opernaufführungen, an denen sich wie hier im Fall des Don Carlo ein Theatermann, der seit einem halben Jahrhundert im Geschäft ist, noch einmal so richtig austoben kann, sind eigentlich der Tod der Gattung. Aber das Publikum mag’s halt. Metropolitan Opera Stil in München. Antiquiertes Dekorationstheater. Wir sahen die Aufführung am 17. Januar 2010.