Sind verzocket Millionen! Dieses Geld der ganzen Welt! Brüder unterm Sternenzelt – haben wir auch in Salzburg nicht. So mag – die Krise vorausschauend – der hoch gehandelte zukünftige „Interimsintendant“ gedacht haben, als er für seinen Beethoven Zyklus nicht die Wiener, nicht die Berliner, nicht die Münchner, nicht die Londoner Philharmoniker, sondern ein Orchester aus der norddeutschen Provinz, das unlängst Beethoven mit großem Erfolg auf CD eingespielt hatte, engagierte. Hauptsache Beethoven. Das gefällt den Leuten immer. Das kennen sie. Und wenn wir dann zum Finale der Neunten noch ein paar Starsänger aufbieten, die sowieso in diesem Sommer in Salzburg zu tun haben, dann haben wir nicht nur die halbe Miete, sondern gleich die ganze Miete eingefahren. Und da hat unser Salzburger Konzertdirektor Recht. Alle waren begeistert: das Publikum, die Kritik, die Sänger, das Orchester, der Dirigent. Die Solisten schauten ob des stürmischen Beifalls, mit dem sie überschüttet wurden, ein bisschen verwundert drein. So viel gesungen hatten sie doch gar nicht. – Ich war nicht begeistert. Ich fand den Abend entsetzlich. Das Orchester spielte – vielleicht mit Ausnahme des dritten Satzes der Neunten – routiniert und seelenlos. Dem Chor waren Brüllorgien nicht fremd. Das hatte zumindest den Vorteil, dass man den unsäglich dürftigen Schillertext nur bruchstückhaft verstand. Vor zwei Jahren – bei der Mozartwoche 2007 – habe ich Beethoven mit den Wiener Philharmonikern unter Thielemann gehört – und gehört, wie Beethoven klingen kann. Gestern Abend habe ich gehört, wie Beethoven nicht klingen soll: „Oh Freunde, nicht diese Töne!“ „Vecchio trombone“ meinte eine italienische Freundin immer despektierlich zu Beethoven. Gestern Abend habe ich gedacht, dass sie vielleicht doch Recht gehabt hat.
Für Salzburg immer das Beste? Irrtum. Salzburger Allerlei bietet man dort zum Verzehr. Natürlich zu Hochpreisen. „Allein was tut’s“. Das Publikum feiert sich sowieso nur selber, frei nach Goethe: und Ihr könnt sagen, Ihr seid dabei gewesen. Und wenn man dann den noch amtierenden Intendanten im alt68er Zottellook durchs Foyer schleichen sieht (auf der Suche nach den Musen?), dann beschleicht einen das Gefühl, dass Salzburg ausgelaugt, müd und matt ist. Hoffen wir auf Herrn Pereira und darauf, dass er aus Zürich bald Mammon und Musen mitbringt. An beidem fehlt es heuer im Salzburg.