Einen in Orchesterklang und Gesang höchst brillanten Rosenkavalier präsentiert das Muziektheater in Amsterdam. Das Nederlands Philharmonisch Orkest unter seinem Dirigenten Marc Albrecht schwelgt geradezu in wundersüßen Klängen. Ganz anders als beim Salzburger Rosenkavalier, wo Maestro Welser-Möst mit den Wiener Philharmonikern ganz auf Melancholie setzte, sich ganz der Melancholie hingab, setzt man in Amsterdam auf Kitsch, auf Kitsch im positiven Sinne, eben auf ein geradezu lustvolles Schwelgen im wundersüßen Klang. Und wir alle im Publikum sind begeistert, sind süchtig nach dem Rausch und Klangzauber dieser Musik, bewundern die hohe Kunst des Strauss Gesangs, wie sie die drei Solistinnen Camilla Nylund als Marschallin, Paula Murrihy als Octavian und Hanna-Elisabeth Müller in der Rolle der Sophie in Vollendung bieten.
Mit der Brillanz des musikalischen Parts kann die Inszenierung nicht so recht mithalten. Will die Regie am Beispiel des Rosenkavaliers eine Satire auf die Gesellschaft von heute in Szene setzen? Mag sein, dass dies die Grundkonzeption der Inszenierung ist. Erster Akt: Amore mit anschließenden leichten Depressionsanwandlungen im großbürgerlichen Salon. Frei nach dem Diktum: Omne animal triste post coitum. Zweiter Akt: Die Neureichen (der alte Faninal eine Mischung aus Show Business Man und Mafiaboss) organisieren ein barockes Kostümfest anlässlich der Vermählung der reichen Erbin. Das Fest läuft aus dem Ruder, als die beiden Hauptdarsteller, die Braut und der Rosenkavalier, aus den ihnen zugedachten Rollen schlüpfen, ihre barocken Roben von sich werfen und ganz ungeniert auf dem Fussboden zur Sache kommen. Den Rest kennen wir schon von anderen Inszenierungen. Dritter Akt: Im Bordell der untersten Kategorie mit dem diesem entsprechenden Personal aus Zuhältern und Totschlägern, die sich einen Spaß daraus machen, den sexhungrigen Fastfood Fresser Ochs an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Den Rest kennen wir schon aus anderen Inszenierungen – mit einer Ausnahme. Sophie verliert nicht ihr Taschentuch. Sie schenkt die silberne Rose dem indischen Rosenverkäufer, der ihr schon beim barocken Fest nachgelaufen war.
All dies ist höchst unterhaltsam und selbstverständlich in perfekter Personenregie inszeniert. Doch ob Theatermacher Jan Philipp Gloger mit seiner Rosenkavalier Satire den großen Preis gewinnen würde? Ich habe da meine Zweifel. Gegen Guths Frankfurter Zauberberg Rosenkavalier und selbst gegen Kupfers Salzburger Dekorationstheater hätte er es schwer.
Wir sahen die Aufführung am 19. September 2015. Die Premiere war am 5. September 2015.