Lohengrin bei den Buddhisten. Eine szenisch misslungene Aufführung im Muziektheater Amsterdam

Lohengrin als Investmentbanker, der eine junge Dame, die sich verspekuliert hat, vor dem Ruin rettet und seinen Kollegen Märchen erzählt. Lohengrin unter präfaschistischen Bauern in einer bayerischen Dorfschänke, den die Dorfschöne wachküsst. Lohengrin als schwäbischer Häuslebauer, der seiner unbotmäßigen Elsa das Häusle anzündet. Lohengrin als Popanz, all dies und noch vieles andere haben wir in den letzten Jahren schon gesehen. Und jetzt in Amsterdam mal Lohengrin unter Buddhisten. Ja, warum eigentlich nicht, wo doch der späte Wagner einen Hang zu fernöstlichen Religionen gehabt haben soll.

Wir möchten dem berühmten Amsterdamer Theatermacher und seinem Team nicht zu nahe treten. Doch offen gesagt: ich fand die Konzeption ziemlich abwegig und noch dazu handwerklich recht dürftig gemacht. Die Regie lässt die Solisten durchweg von der Rampe singen. Mit einer Ausnahme: im letzten Akt dürfen sie von einem Podium singen, und im Finale da können sie – trotz Podium – gerade noch über die Spieße der tibetanischen (?) Krieger gucken. Der Massenchor darf im zweiten und im dritten Akt mal von rechts, mal von links über die Bühnen rennen. Ein Glück für die Chorsänger, dass sie dabei nicht außer Atem kommen. Dafür durften sie  sich im ersten Akt auch  ausruhen. Dort sitzen sie in Viererreihen übereinander, in schwarze Kutten gehüllt, vor einer schwarzen Wand. Meditationsstunde im Buddhistenkloster? Oder Femegerecht beim Käthchen von Heilbronn?

Von allen Szenen schien mir nur eine einzige (und diese hat noch dazu mit der Buddhismus Masche nichts zu tun) gelungen: das Finale des zweiten Aufzugs. Eine überforderte und verzweifelte Elsa, die weiß, dass sie ihr Versprechen: „Hoch über alles Zweifels Macht … soll meine Liebe stehn!“ nicht halten kann, bricht beim Kirchgang zusammen.

Ansonsten immer wieder steifes Herumstehen für die Solisten und Herumrennen für den Chor. Allenfalls die Tierschützer dürften an dieser Inszenierung ihre Freude gehabt haben. Es  gab weder lebendige noch tote noch hölzerne Schwäne. Dafür ein Wägelchen mit Paddeln. War das nun alles, so habe ich mich am Ende gefragt, Ironie, Parodie, Satire oder war es erst gemeint?  Ich fürchte letzteres.

Wir haben in den letzten Jahren im Amsterdamer Muziektheater eine ganze Reihe herausragender Inszenierungen gesehen: den Ring, Lucia, Iphigenie, Eugen Onegin, Faust und noch manches andere. Umso größer war die Enttäuschung jetzt beim Lohengrin. Doch als sonst immer begeisterte Besucherin des Amsterdamer Hauses kann man auch mal eine misslungene Inszenierung verkraften.

Es bleibt immerhin die Musik, der Wagnersound, und den bereiten Maestro Albrecht und das „Nederlands Philharmonisch Orkest“ brillant und ‚rauschhaft‘, eben wie es dem hohen Niveau des Hauses entspricht. Dass in Amsterdam Stars der internationalen Opernszene singen und agieren, das versteht sich von selber.

Wir sahen die Aufführung am 23. November, die vierte Vorstellung im Rahmen der Wiederaufnahme einer Inszenierung vom Jahre 2002.