Viel Klamauk um Wenig. Die schweigsame Frau bei den Münchner Opernfestspielen

Dieses Stück, so zitiert das Programmheft den Komponisten, sei „in seiner Vermischung von edler Lyrik und Posse ein vollständiges  neues Genre auf dem Gebiet der Opera buffa“. So mögen Strauss und sein Librettist Stefan Zweig ihre „komische Oper in drei Aufzügen“  wohl intendiert haben. Ob die beiden im Münchner Prinzregententheater ihre Oper wieder erkannt hätten? Ich habe da meine Zweifel. Von „edler Lyrik“ war in der großen Klamaukschau, die der Berliner Theatermacher Barrie Kosky auf die Bühne stellte, wenig zu merken. Die Geschichte vom alten Hagestolz, der ein dummes Gänschen, eben eine schweigsame Frau, heiraten möchte und  an eine „Teufelin“, an  einen „Satanas“  gerät, ist halt  ein beliebtes Komödienschema, das geradezu von selber Klamaukszenen evoziert und wenn diese Geschichte noch dazu  von einer Komödiantentruppe als Theater auf dem Theater inszeniert wird und der arme Alte, ohne dass er um seine Rolle weiß, die Hauptrolle  spielt, ja dann gibt es eigentlich kein Halten mehr, und der Absturz in Klamauk und Klamotte ist schon vorprogrammiert. Das Regieteam, das wohl von dieser Gefahr etwas geahnt hat, versucht mit einer kammerspielartigen Reduktion der Spielfläche gegenzusteuern. Spielfläche sind ein mittelgroßes Podest und der schmale Raum zwischen Podest und Orchestergraben: ein simpler Metatheatertrick, der immerhin den Effekt  hat, das Geschehen näher an die Zuschauer heranzubringen und die Illusion vom Theater auf dem Theater zu intensivieren. Viel genützt hat dies alles nichts. Von der melancholischen Hintersinnigkeit der Komödie kommt nichts oder kaum etwas herüber: nichts von der Gebrochenheit der Figur der Aminta, der die ihr aufgenötigte Rolle des Weibsteufels widerstrebt, kaum etwas von der Ambivalenz der Figur des Sir Morosus, dessen Sehnsucht nach Ruhe doch nicht nur ein körperlicher Widerwille gegen Lärm, sondern eine geradezu ‚romantische’ Todessehnsucht ist. Und das Thema von der erlösenden Macht der Musik, zu der sich Morosus im Finale bekennt, das geht in dem so gern zitierten Kalauer unter: „Wie schön ist doch die Musik –  aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist!“ Beklagen wir uns nicht. Auch Klamauktheater kann Spaß machen, wenn es so gekonnt und perfekt in Szene gesetzt wird wie in München, wenn so überragende Sänger und Komödianten wie Diana Damrau als Aminta und Franz  Hawlata als Morosus auf der Bühne stehen und wenn ein grandioses Ensemble in seiner Spielfreude kaum zu bremsen ist. Und die Musik?  Trotz aller Zitatenseligkeit, trotz aller Parodie und aller Ironie die schweigsame Frau gehört nicht zu den Strauss Opern, die ich unbedingt immer wieder hören und sehen möchte. Wir sahen die Vorstellung am 30. Juli 2010. Die Premiere war am 20. Juli.