Im Rausch der Märchen – und des Metatheaters. Eine Wiederaufnahme von Krämers Hoffmanns Erzählungen in der Oper Köln

Eine Krämer Inszenierung, mag sie auch vor mehr als zehn Jahren Premiere gehabt haben, mag man sie auch vor mehr als zehn Jahren schon ein paar Mal gesehen haben, lohnt immer das Wiedersehen, und begeistert ihr Publikum alle Male. Natürlich erleichtert die so populäre und manchmal auch etwas seichte und kitschige Offenbach Musik auch dem eher Unbedarften den Zugang. Und wenn wie hier in Köln die Regie das große Spektakel noch dazu liefert und dieses zugleich ironisiert, dann haben die Kenner und die Anfänger ihr Vergnügen, und nichts kann schief gehen. Ort der Handlung ist die Straßenbahnhaltestelle vor dem Opernhaus. Zeit des Geschehens die Dauer einer Don Giovanni Aufführung. Während die Besucher ins Opernhaus strömen, um dort Don Giovanni mit der berühmten Stella in der Rolle der Donna Anna zu hören, liegt ein betrunkener Hoffmann auf den Straßenbahnschienen. Und die Muse mit Krönchen und blonder Perücke fährt als Märchenfee vom Parnass auf das Wartehäuschen an der Haltestelle herab, um den Poeten für sich und die Literatur zu retten. Ob es ihr gelingt? Im Finale, nachdem Hoffman seinen Freunden, den Pennern, seine drei unglücklichen Liebesgeschichten halluziniert hat, sich an ihnen noch einmal berauscht hat, liegt er wieder im Rausch auf den Straßenbahnschienen. Die Besucher verlassen das Theater, feiern die Sängerin, fahren mit der Straßenbahn davon, und die Muse zieht den Poeten von den Schienen. Auf dass er sich aufs neue berausche? Und dieses Mal an der Literatur? Alles ist Theater, alles ist Oper. Wir spielen in der Oper Don Giovanni, und vor der Oper spielen wir die Opernmärchen von Liebe, Lust und Leid, die sich in der Imagination eines trunkenen Poeten ereignen. Und wir setzten diese Imaginationen mit unseren Theatermaschinen in Szene: da fallen die Schneeflocken (so ähnlich wie in La Bohème),da tritt der Böse mit  Feuerschweif und Klumpfuß auf (so ähnlich wie im Faust), da singen und tanzen die Automaten, da singt sich ein brustkrankes Mägdelein zu Tode (ganz wie in La Traviata), da fährt ein Kreuzfahrerschiff auf die Bühne- ganz wie bei Fellini. Da wird ganz in der Tradition der Erzählungen eines E.T.H. Hoffmann eine Welt der Phantasiestücke herbeigezaubert, und der Zuschauer erliegt dem Zauber einer Märchenwelt – und wird  im Finale in die ’Realität’ zurückgeholt. Die schöne Märchenwelt, das sind Halluzinationen eines Trunkenen, Rauschzustände  eines alkoholisierten Poeten. Alles ist nur Schein, alles nur Theater. Ein überzeugendes Konzept, eine brillante Aufführung, ein überragender Sängerdarsteller in der Rolle des Hoffmann (Matthias Klink). Wir sahen die Aufführung am 29. November 2009,