Eine Operette? Eine Seifenoper? Pierre Audi inszeniert Händels Partenope im Theater an der Wien

Theatermacher Audi, von dem man zuletzt in München einen konventionellen, steifen Tamerlano gesehen hatte, hat sich in seiner Partenope für eine moderne, eine aktualisierte Version der Geschichte von der Sirene Partenope, der mythischen Gründerin der Stadt Neapel, und ihren drei Liebhabern entschieden, für eine Version, die er selber ganz zu Recht im Programmheft eine Seifenoper nennt. Und dies auch deswegen, weil sich die Partenope Handlung mit einem weiteren Liebesspiel überlagert und überkreuzt: der Intrige einer rachsüchtigen Frau gegen ihren untreuen Liebhaber und jetzigen Favoriten der Partenope. In der Tat ein Stoff, aus dem die Operetten- und Soap Opera Träume sind.

Geht man von dieser durchaus ansprechenden Grundidee der Inszenierung aus, dann ist es nur konsequent, dass Partenope zu einer Art Dollarprinzessin oder Hollywood Diva  mit Lieblingslover mutiert, die sich  in ihrer Luxusvilla die Zeit mit Sport und Spiel und Parties vertreibt, und dass ihre Möchtegernliebhaber ihre reichen Nachbarn und ständigen Partygäste sind. Unruhe und Ärger in diese gelangweilte Gesellschaft bringt die Intrigantin Rosmira, die sich als Mann verkleidet hat, um ihren ehemaligen Lover, der sich zwischen seiner Rolle als Spielgefährte der Hausherrin oder als vielleicht  wieder möglicher Lover der Rosmira nicht zu entscheiden vermag, zu quälen und bloß zu stellen. Mit anderen Worten: das Libretto bietet Liebes- und Intrigenspiele in Fülle, die Materialien für einen schier ewigen Reigen der Arien und Rezitative. Doch eine Soap Opera lässt sich daraus nur in Grenzen machen. Man kann die Musik noch so oft mit Massage- und Maniküreszenen, mit Liegestützen und Ballspielen, mit Kriegsspielen und Partyempfängen ‚illustrieren’. Man kann die Bühnenmaschinerie (Wände auf und Wände ab, Türen auf und Türen zu) noch so ausgiebig nutzen. Man kann die Primadonna wie eine Modepuppe in immer wieder neue elegante Kleider, in Sportdress, in Nachthemden, in Kampfmontur, in Armanianzüge usw. stecken. Man kann zum Gaudi des Publikums das neue Liebespaar im Finale auf einer Harley Davidson davon brausen lassen und damit das obligatorische lieto fine gleich dreifach karikieren (der primo uomo verliert gleich drei Spielzeuge auf einmal: die prima donna, die seconda donna und noch dazu sein Luxusgefährt). Aber ob das Seifenoper-Konzept wirklich eine fast vierstündige Händel-Oper trägt? Für eine Händel-Revue  – das hat David Alden in seinen  Münchner Händel-Inszenierungen  viele Male gezeigt – braucht es ein bisschen mehr. „Allein, was tut’s“. Es standen  an diesem Abend  faszinierende Sängerschauspieler auf der Bühne. Es wurde brillant gesungen und musiziert. Allen voran Christine Schäfer in der Titelrolle, Patricia Bardon als rachsüchtige Geliebte und der junge Countertenor Terry Wey als Effeminatus und Spielball der Gelüste der Damen. Der so überragende musikalische Part lässt die Defizite der Inszenierung leicht vergessen.

Die Premiere war am 22. Februar 2009. Wir sahen die dritte Aufführung am 27. Februar 2009.