Wer Schillers Räuber und den Belcanto des frühen Verdi liebt, der kommt in Essen auf seine Kosten. Wer die krude Phantasie und die geschwätzigen Tiraden des jungen Schiller als Parodie gern erträgt und wer am Donizetti-Verschnitt des jungen Verdi Gefallen findet, der sollte zum Aalto-Musiktheater fahren. Wer das alles nicht mag, der hat halt Pech gehabt. Ich zumindest habe meinen Spaß an den Parodien gehabt.
Wie da Arie auf Arie von der Rampe geschmettert wird, wie auf den Knien herumgerutscht wird, die Augen gerollt, die Dolche gezückt werden, der scheintote Papa entsorgt wird, die unschuldige Sopranisten dem zudringlichen Bariton mit dem Dolch an die Kehle geht und dieser seinerseits mit dem Kerzenleuchter ( für die Freudianer natürlich ein Phallussymbol) auf die Arme eindringt, das hat schon was. Das ist fürwahr eine unterhaltsame Opernparodie.
Nicht genug damit. Nach der Pause geht es erst richtig los. Da sind aus Schillers simplen Räubern natürlich Investmentbanker geworden, die ihr Geld ( nein, das Geld der anderen) auf Orgien verprassen und versaufen und die Girls von Pussy Riot dazu einladen. Der scheintote Papa kommt als Commendatore aus dem Don Giovanni wieder, liest dem bösen Franz die Leviten und verkündet ihm ewige Verdammnis. Der gute Räuberhauptmann knallt den bösen Bruder ab, ersticht die arme Amalia. Papa kriegt darüber den finalen Herzinfarkt, und ein Zuschauer aus der ersten Parkettreihe – das ist der finale Regieeinfall – wirft einen Blumenstrauß auf die Szene.
So viel Parodie, dass man aus dem Lachen nicht mehr herauskommen könnte. Allein in Essen nimmt das Publikum das alles für blutigen Ernst, riskiert vor Schrecken keinen Huster, geschweige denn ein Lachen und feiert stürmisch alle Mitwirkenden. Sie haben ja auch alle schön gesungen und sich als Opernsänger selber parodieren zu müssen, das ist ja auch wirklich nicht leicht.
Wir sahen die Aufführung am 20. Juli 2013. Die Premiere war am 8. Juni 2013.