Vom Wahn und Tod der Sylvia Plath? Albträume auch für das Publikum beim Opernfestival „Infektion“ an der Berliner Staatsoper. – Eine gut gemeinte, doch schwer erträgliche Purcell/Oehring Collage

„AscheMond oder The Fairy Queen“ so nennen Komponist Oehring, Librettistin Wördemann und Theatermacher Guth ihr gemeinsames Opus. Ein eingespieltes Trio, spezialisiert auf hybride Kunstprodukte: auf Collagen aus Musik und Literatur mit einer Vorliebe für Traumdiskurse  und für Frauengestalten mit überbordender Phantasie, die das Wahnhafte streift.

Eine Konzeption, besser: ein Konstruktionsschema, eine Machart, mit der unser Trio unlängst in Düsseldorf mit einem Fliegenden Holländer Pastiche  recht erfolgreich war. Zur Collage hatte Tonsetzer Oehring im Sinne einer Replik auf Wagner eigene Klänge beigesteuert  und ausgiebig Wagner zitiert, hatte die Librettistin  sich mehr oder weniger  an Wagners Text orientiert und dazu viel Heine, Hans Christian Andersen und so manches andere zitiert. Und unser Theatermacher hatte dies alles mit gewohnter Imagination und Routine in Szene gesetzt.

Jetzt in Berlin  weist das scheinbar so bewährte Schema  leider schon erhebliche Verfallserscheinungen auf. Wäre da nicht die Purcell Musik, wären da nicht die von Marlis  Petersen und Bejun Mehta so brillant gesungenen Purcell Songs gewesen, die einsamen Highlights des Abends, dann wäre die so übermäßig in die Länge gezogene Aufführung  nur sehr schwer zu ertragen gewesen. Wie kann einem so intelligenten  und phantasievollen Theatermann wie  Claus Guth , dessen Arbeiten uns so viele Male  begeistert haben, nur entgehen, dass der von ihm erfundene Plot – ein Mann kommt in eine ausgeräumte Wohnung und erlebt  dort noch einmal die Traumata seiner Kindheit: die Wahnvorstellungen und den  Selbstmord der Mutter, die unverständigen Gäste, den fürsorglichen Hausfreund – wie kann es der Regie nur entgehen, dass dieser simple Psychoplot  eine Collage aus Shakespeare, Stifter, Heine, Sylvia Plath und  noch manchem anderen, so  viel Disparates, einfach nicht zusammenhalten kann? Dass noch dazu die ewigen Wiederholungen von Handlungssequenzen,  mögen sie sich auch von der Struktur des Traumdiskurses her rechtfertigen, doch nur Langweile und Überdruss bereiten. Glaubt  man den Ausführungen im  Programmheft, dann wollte das Produktionsteam gleichsam die Grundbefindlichkeit des Menschen in Musik, Sprache und Szene transformieren: “ den Schwebezustand zwischen Diesseits und Jenseits, Leben und Tod, Lieben und Verlieren“.  Gemessen an diesen hohen Ansprüchen, an diesen hohlen Phrasen, war das, was da im Schiller-Theater zu hören und zu sehen war, recht dürftig.

 Wie schade, dass eine Konzeption,  die bei der Wagner Collage noch überraschte, wenngleich sich auch dort schon „gefährliche Längen“ abzeichneten, sich durch mangelnde kritische Distanz so schnell erledigt hat.

Wir sahen die Aufführung am 21. Juni 2013.