Zum Abschluss der diesjährigen Gluck-Opern-Festspiele hatte das Staatstheater Nürnberg die weltweit renommierte Sopranisten Veronique Gens zu einem Konzert mit Arien und lyrischen Szenen von Gluck, Mozart, Berlioz und anderen eingeladen. Natürlich gab sich Madame Gens bei ihrem hoheitsvoll kühlen Auftritt alle Mühe, auch in Nürnberg zu brillieren. Doch ihr Auftritt stand unter keinem guten Stern. Gleich in ihre erste Arie, in die Arie der Alceste, krachte dröhnend ein zerplatzender Scheinwerfer hinein, und das Konzert musste für eine gute Viertelstunde unterbrochen werden, eine schöne Gelegenheit, gleich die zweite Arie der Alceste ungesungen zu lassen. „Dem Vogel, der heut sang, dem war der Schnabel hold gewachsen“, so mag wohl in Erinnerung an einen bekannten Nürnberger Poeten manch ein Dilettant im Publikum „wahnbetört“ gedacht haben, als Véronique Gens nach der zweiten, dieses Mal der eingeplanten Pause das Glanzstück des Abends vortrug. Berlioz: „Herminie. Scène lyrique für Sopran und Orchester“. Den Nürnberger Honoratioren in Sachen Kultur, die zufällig in meiner Nähe saßen, war jegliche Wahnbetörung fern: „Muss man die kennen? – Ja schon, die singt an allen großen Häusern“. Ärgerliches, betretenes Schweigen. ‚Ach sei Sie gut, Sie muss nicht alles wissen’. Wissen sollten die Verantwortlichen am Staatstheater Nürnberg allerdings, dass man einer französischen Sängerin nicht eine ganze Batterie Anturien vor die Füße stellen kann, phallisch konnotierte Blumen, wie man in Frankreich spätestens seit dem Fin de Siècle weiß. So stand denn die Sängerin über den Blumen, die ihre kleinen Stängel ihr entgegen reckten und die Nürnberger Honoratioren, die ihr zu Füßen in der ersten Reihe saßen, hatten ihre Köpfe beinahe in den Stängeln. Eine Szene unfreiwilliger Komik, wie sie vielleicht nur in deutscher Provinz möglich ist. „Ach sei Er gut, Er muß nicht alles wissen!“.