Die Konzerte – so munkelt man in Salzburg – seien sowieso das Beste, was die Festspiele zu bieten hätten. Die Schauspielinszenierungen da draußen auf der Perner-Insel das seien vor allem postpubertäre Ergüsse, Karikaturen des Regietheaters, und bei der so hoch gepriesenen Frau Breth da langweile man sich doch zu Tode. Und die Opern? Manchmal sollen sie Ereignisse sein. Aber auch nur manche Male. Don Giovanni als moribunder Waldschrat im Salzkammergut oder wie die Nixe Rusalka ihren ungetreuen Liebsten im Gully entsorgt, das seien schon Höhepunkte, die man nicht so leicht vergäße. Nur die Konzerte, die der von der Kritik so gehätschelte und vom Direktorium der Festspiele so geknechtete Markus Hinterhäuser organisiere, die seien eben erstklassig. Ich fand, wie schon gesagt, den Beethoven-Zyklus ein bisschen dürftig. Aber ich bin ja nur eine Dilettantin, unbedarftes Publikum, das gefälligst brav zuhören und artig klatschen darf. Doch wenn jetzt beim Haydn-Zyklus Minkowski mit seinen Musiciens du Louvre Grenoble auftritt, dann kann man zu Recht klatschen. Und zu kritteln gibt es nichts. Wie immer fasziniert Minkowski, bezaubert er seine Zuhörer – und belehrt sie noch dazu unaufdringlich. So stellt er Haydns so genannter „Cäcilienmesse“ Purcells und Händels Oden am Cäcilientag („Ode for St. Cecilia’s Day“) voran, zeigt implizit, in welcher Tradition Haydn steht und ehrt Purcell zum 350. Geburtstag und Händel zum 250. Todestag, zwei Jubiläen, die ganz im Schatten des Haydn-Jahres stehen. Von der Messe führt man nur das Kyrie und das Gloria auf – beide Stücke seien möglicherweise Vorstufen zur eigentlichen Cäcilienmesse – und gibt dann als Zugabe noch das Incarnatus est und das Resurrexit tertia die. Man stelle sich einmal vor, dass nach einem mehr als dreistündigen Konzert die (???) Philharmoniker noch eine große Zugabe spielten, nur weil die Musik so schön sei und die Zuhörer diese unbedingt noch hören sollten. Ein unvorstellbarer Gedanke. Aber bei Minkowski ist halt alles anders und alles möglich. Seine Musiker wirken eben nicht wie gravitätische Musikbeamte, die ihre ‚holde Kunst’ ungnädig einem inkompetenten Publikum darbieten, sondern sie sind von der Sache begeisterte Künstler, die das Publikum an dieser ihrer Begeisterung Anteil nehmen lassen. Und der Maestro ist nicht der eitle Pultstar, sondern ein Künstler, dem jede Pose fremd ist und der sich ganz in den Dienst der Musik stellt. So erlebte man gleich beim ersten Konzert einen großen Abend der Musik und der Musikgeschichte. Der musikalische Laie hört auch gern – so am zweiten Abend – die so genannten „Pariser Symphonien“, findet sie schön und gefällig, kann wenig damit anfangen. Begeistert ist er wieder am dritten Abend: von der so brillanten Aufführung der Creation (man hatte wegen des internationalen Publikum das englische ‚Libretto’ gewählt). Nicht immer – aber dieses Mal beim Haydn-Zyklus – lohnt die Reise nach Salzburg. Ich freue mich schon auf das nächste Minkowski Konzert in Salzburg – im Januar bei der Mozartwoche.