Glanz und Elend eines Duce Verschnitts. Die Oper Frankfurt gräbt drei Krenek Einakter aus

Lohnt es sich wirklich, diese drei Stücke, die in den späten zwanziger Jahren uraufgeführt wurden, wieder vorzustellen? Eine „tragische Oper“: Der Diktator – eine „burleske Operette“: Schwergewicht oder die Ehre der Nation – eine „Märchenoper“: Das geheime Königreich. Lohnt das wirklich?

Musikalisch bringen diese Kurzopern – folgt man den Bemerkungen des Dirigenten Lothar Zagrosek – nichts Neues. „Die drei Opern sind wie eine virtuose, intelligente, die Vergangenheit verarbeitende Bestandsaufnahme, die aber für mich keine neue Gattungssymbiose darstellt“ (zitiert nach dem Programmheft S. 11). Einfacher ausgedrückt: diese Krenek Musik lebt von Zitaten, von variierenden Zitaten, die auch der Laie unschwer erkennt: Richard Strauss, Puccini, Schreker, populäre Märsche, früher Tonfilmsound und Anleihen beim Jazz.

Wie dem auch sei. Mögen Musiker und Musikhistoriker die Krenek Klänge schätzen und einordnen. Ich fand das Ganze – in aller Naivität gesagt – eher fad und langweilig. Im Gegensatz zum Frankfurter Publikum, das die Aufführung  beklatschte. Aber vielleicht galt der Beifall vor allem den Sängern, den Musikern und der Inszenierung. Dass an der Oper Frankfurt exzellent gesungen und musiziert wird, ist so selbstverständlich, dass es keines weiteren Kommentars bedarf.

Auch die Inszenierung, für die David Hermann verantwortlich zeichnet, hat durchaus ihre Meriten. Die  Regie verzichtet auf alle billige Aktualisierung, wenngleich sich diese von der Figur des Diktators her leicht angeboten hätte. Sie nutzt diese Figur vielmehr als verbindendes Element zwischen den drei Stücken. Im ersten Stück ist der Diktator schon von Kostüm und Maske her eine geradezu groteske Überzeichnung einer historischen Figur, eines Mussolini, eines unsterblichen Mussolini, dem die Frauen verfallen, dem selbst die Attentäterin, die ihren schwer verwundeten Ehemann am kriegslüsternen Diktator rächen will, augenblicklich verfällt, die von dessen eifersüchtiger Ehefrau erschossen wird und doch glücklich stirbt. Eine „tragische Oper“? – wie der Komponist, der auch als Librettist fungiert, vorschlägt. Eher nicht. Eher eine Macho Satire mit obligatorischer Frauenleiche – so suggeriert zu Recht die Regie.

Anders als mit der angeblich „tragischen Oper“ weiß die Regie mit den beiden anderen Stücken nicht viel anzufangen. In der „burlesken Operette“ mutiert der Diktator zu einem harmlosen Varieté Besucher, der sich zum Mitspielen einladen lässt und bei einem Unfall  (oder war es vielleicht ein Attentat?) zu Tode kommt.

Und in der abschließenden „Märchenoper“ da sind wir im Zitatensalat gelandet: beim Herbst des Patriarchen, bei King Lear, beim klug kommentierenden Shakespeare Narren und bei  Handwerkern, die im Zauberwald betrunkene Revolutionäre spielen. Der Diktator ist müde und senil geworden. Aus Mussolini ist eine Mischung aus ängstlichem lateinamerikanischem Caudillo und Erlkönig geworden. Doch alles  – so verkündet der Narr im Finale – war doch nur ein Spiel, Theater auf dem Theater –  handwerklich gut gemachtes Theater.

Lohnt die Ausgrabung? Vielleicht. Ich habe da meine Zweifel. Wir sahen die Aufführung am 18. Mai 2017  – die 6. Vorstellung. Die Premiere war am 30. April 2016.